Airbus hat nichts zu verschenken

Aber zu verkaufen: Die niedersächsischen Werke Nordenham und Varel sollen an das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB verkauft werden. US-Konkurrent bleibt draußen. Politiker und Gewerkschaften fordern nun Klarheit über die Konzeptionen

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die beiden niedersächsischen Airbus-Werke in Varel und Nordenham sollen an das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB verkauft werden. Der Airbus-Mutterkonzern EADS hat gestern beschlossen, mit der OHB und ihrer Tochter MT Aerospace in konkrete Verkaufsverhandlungen einzutreten (siehe Beitext unten). Ziel sei die Veräußerung der beiden Airbus-Standorte in Norddeutschland sowie des EADS-Werks in Augsburg.

Airbus werde für zunächst drei Jahre einen „substanziellen Minderheitsanteil“ an den Werken behalten, teilte EADS nach einer Sitzung des Verwaltungsrates in München mit. Danach könnte das Unternehmen auch die restlichen Anteile abgeben.

Die bisher maßgeblich in der Raumfahrt tätige MT Aerospace setzte sich gegen die deutlich größere US-Firma Spirit AeroSystems durch. Diese galt als Wunschkandidat von Airbus-Chef Thomas Enders. Allerdings setzte sich die Bundesregierung dafür ein, die Werke in deutscher Hand zu lassen. Sie wird OHB für den Kauf über die staatliche KfW-Bank ein Darlehen von 300 bis 400 Millionen Euro gewähren.

Der Verkauf ist Teil des im Februar vorgestellten Sparprogramms „Power 08“, mit dem Airbus ab 2008 für vier Jahre jeweils etwa zwei Milliarden Euro einsparen will. Dazu gehört der Abbau von etwa 10.000 Stellen in Europa, darunter 3.700 in Deutschland. Die detaillierten Sparmaßnahmen für die deutsche Airbus-Zentrale in Hamburg-Finkenwerder sowie die weiteren norddeutschen Werke in Bremen, Stade und Buxtehude sind noch nicht bekannt.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff forderte gestern in einer ersten Reaktion „verlässliche Investitionen“ für Nordenham und Varel. Er sei überzeugt, sagte Wulff, „dass es der MT Aerospace angesichts ihrer Branchenkenntnis gelingt, den Erhalt der Standorte und vor allem der Arbeits- und Ausbildungsplätze dauerhaft zu sichern“. Dafür sei es unerlässlich, dass umfangreiche Arbeitspakete bei der Produktion der Flugzeugtypen A 350 und A 320 verbindlich zugesichert würden. Falls die Verhandlungen mit MT Aerospace scheiterten, sollte die Ausgründung in eine 100-prozentige Airbus-Tochter als möglicher Weg verfolgt werden, sagte Wulff.

Das Werk Nordenham mit seinen rund 2.200 Beschäftigten ist das Zentrum für die Herstellung von Großblechen und Flugzeug-Schalen, die zur Endfertigung nach Hamburg und Toulouse geliefert werden. Für die großen Rumpfteile für den doppelstöckigen Riesenjet A 380 wurde eigens eine 208 Meter lange und 78 Meter breite Halle gebaut. Aus Varel werden Flugzeugteile für alle Modelle an alle Standorte in Deutschland geliefert. Das Werk zählt rund 1.200 Beschäftigte.

Bei den Beschäftigten stieß die Nachricht nicht nur auf Zustimmung. „Klarheit über die Konzeptionen“ forderte am Abend Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall Küste. Die Stimmung in den Belegschaften vor Ort sei „nicht entspannt“, sagte der Nordenhammer Betriebsrat Kai Werremeyer: „Das ist kein Weihnachtsgeschenk.“

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