MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

TIM CASPAR BOEHME

Den Karfreitag muss man nicht ehren, aber man kann. Als dankbare Möglichkeit bieten sich alljährlich die Passionsmusiken an. Wobei die allervertrautesten unter ihnen keinesfalls immer die ewige Wiederkehr des Gleichen bedeuten müssen. So etwa die „Johannes-Passion“ von Johann Sebastian Bach, die zu den am häufigsten gespielten österlichen Trauermusiken gehört: In seiner Interpretation mit dem RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik Berlin will Dirigent René Jacobs jetzt ausdrücklich beweisen, dass es „die eine“ Johannes-Passion nicht gibt und jede Aufführung vielmehr „Hypothese“ sei. Das Konzert am Freitag in der Philharmonie bietet zudem erneut Gelegenheit, über die frömmelnde Dada-Splatter-Lyrik der Zeilen „Erwäge, wie sein blutgefärbter Rücken / in allen Stücken / dem Himmel gleiche geht“ frei nach Barthold Heinrich Brockes zu räsonnieren – auf so „gewagte“ Bilder muss man auch erst einmal kommen (Herbert-von-Karajan-Str. 1, 20 Uhr, 20–50 €).

Eine etwas andere Art der Passionsmusik kann man alternativ – oder in Ergänzung – später am Abend bei der Small But Hard Recordings Label Night im Urban Spree zu hören bekommen. Beats vom heftigeren Ende des Klangspektrums bieten Musiker wie Walter Gross, Tenshun oder Dead Fader. Labelbetreiber Shigeru Ishihara alias DJ Scotch Bonnet, auch bekannt als DJ Scotch Egg, wird aller Voraussicht nach mit beschleunigtem Breakcore an den Plattentellern stehen, sein Kompagnon Daisuke Imamura tritt als DJ Die Soon auf. Womit wir wieder beim Thema des Tages wären (Revaler Str. 99, 23 Uhr).

Am Samstag geht es dafür dann etwas weniger schwermütig zu, wenn auch nicht unbedingt leichter. Im Kühlspot Social Club trifft die Berliner Sängerin Almut Kühne auf den New Yorker Downtown-Pianisten-Altmeister Anthony Coleman. Weitere „Freunde“ werden ebenfalls erwartet, man darf mit kammermusikalisch-exzentrischem Jazz der freieren Art rechnen (Lehderstraße 74–79, Hinterhof links, 20.30 Uhr).

Für Sonntag sei an dieser Stelle bloß kurz, dafür aber mit ausdrücklicher Empfehlung auf ein rundes Jubiläum verwiesen: Der Wahlberliner Joke Lanz alias Sudden Infant begeht im Roten Salon seinen 50. Geburtstag. Neben Lanz, der in seinen Performances gern schroffe Geräusche mit dadaistischer Inszenierung kombiniert, gehört zu den Feiernden auf der Bühne auch die New Yorker Experimentalsängerin Shelley Hirsch (Rosa-Luxemburg-Platz, 20 Uhr, 15 €).

Am Montag schließlich lädt das OHM zu einem Abend mit Klangkunst zwischen freier Synthesizer-Improvisation und Multimedia-Installation. Auf dem Programm steht Keith Fullerton Whitman, der sich seit einiger Zeit auf elektronische Live-Darbietungen konzentriert, wie auch der Musiker John Wiese, der unter anderem mit Drone-Projekten wie Sunn O))) auf der Bühne stand (Köpenicker Str. 70, 20.30 Uhr).