Zweifel an Notwehr in Sittensen

TODESSCHUSS Nachdem die Familie des Opfers Beschwerde eingelegt hat, ermittelt die Staatsanwaltschaft nun weiter im Fall Ernst B. Dieser hatte auf seinem Grundstück einen 16-jährigen Räuber erschossen

Nun hegt die Staatsanwaltschaft „den ein oder anderen Zweifel“ an B.s Notwehr

Für Ernst B. ist die Sache nicht vorbei. Gegen den Rentner, der bei einem Raubüberfall einen 16-jährigen Täter auf der Flucht erschossen hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stade nun doch weiter. Ihre anfänglichen Ermittlungen hatte sie zwar im August dieses Jahres eingestellt, ohne Anklage zu erheben: B. habe aus Notwehr gehandelt. Daraufhin leiteten die Hinterbliebenen des 16-Jährigen durch ihren Anwalt ein Beschwerdeverfahren ein, das nun offenbar Wirkung zeigt: Gegenüber der taz sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Kai Thomas Breas, man gehe jetzt „neuen Ermittlungsansätzen“ nach.

Am 13. Dezember 2010 waren fünf maskierte junge Männer, unter ihnen Labinot S., in die Villa von Ernst B. eingedrungen. Sie hielten ihn auf einem Stuhl fest, nahmen sein Portemonnaie mit etwa 2.000 Euro darin und versuchten sich am Tresor. Als aber die Alarmanlage anschlug, flüchteten die Räuber über die Veranda nach draußen. Der Rentner, der zu dem Zeitpunkt an Krücken ging, griff nach einer geladenen Pistole, folgte den Flüchtenden und schoss Labinot S. aus zwei Metern Entfernung in den Rücken. Der Getroffene verblutete innerhalb weniger Minuten.

Ermittlungen gegen Ernst B. wurden zuerst eingestellt, da er „mit dem Griff zur Pistole sein Hab und Gut verteidigen wollte“, hatte Breas noch im August gesagt. Die übrigen Räuber verurteilte das Landgericht Stade wegen räuberischer Erpressung und Körperverletzung zu mehrjährigen Haftstrafen.

Obwohl sich die Täter bereits auf der Flucht befanden, hatte Ernst B., ein erfahrener Jäger, weder auf die Beine gezielt noch einen Warnschuss abgegeben. „Wir hegen im Bereich der Notwehr doch den ein oder anderen Zweifel, den wir jetzt aufklären müssen“, sagt nun auch Sprecher Breas. Welche Zweifel das genau sein mögen, wollte Breas am Freitag nicht sagen – wegen der laufenden Ermittlungen. Ebenso wenig, ob anschließend mit einer Anklage gegen Ernst B. zu rechnen sei.  EMS