Der schwere Weg zurück in den Beruf

WIEDEREINSTIEG Mehrere Modell-Initiativen in Norddeutschland helfen Menschen, die wegen Kindererziehung oder der Pflege Angehöriger ihre Arbeitsstelle aufgegeben haben, zurück in die Berufswelt zu finden

„Es ist eine ganz wichtige Voraussetzung, dass alle, etwa beim Thema Zeitmanagement, an einem Strang ziehen. Wir haben auch schon einen Kochkurs für Väter angeboten“

Doris Salziger, Geschäftsführerin von „Frauen in Arbeit und Wirtschaft e. V.“ (FAW)

Der Arbeitsmarkt ist hart umkämpft. Das spüren insbesondere Menschen, die sich mehrere Jahre aus familiären Gründen aus dem Erwerbsleben zurückgezogen haben. Sie stehen bei einer Rückkehr vor zahlreichen Hürden, an denen der gewünschte Wiedereinstieg in den Beruf oft zu scheitern droht. Hier anzusetzen, ist das Ziel eines von der Bundesregierung initiierten Aktionsprogramms, zu dem auch mehrere Modell-Initiativen in norddeutschen Städten wie Hamburg und Bremen gehören.

Sie unterstützen die in aller Regel weiblichen Teilnehmer mit Rat und Tat, binden aber auch Firmen ein. Zu allererst gehe es bei allen InteressentInnen um eine „genaue Standortbestimmung“, sagt Doris Salziger, Geschäftsführerin des Vereins Frauen in Arbeit und Wirtschaft (FAW).

FAW setzt das Programm seit 2009 in Bremen um und hilft Teilnehmern mit Einzelcoaching, Beratungen und ergänzenden Seminaren, eine erfolgreiche Strategie für den Wiedereinstieg zu finden. „Wenn Frauen etwa vor sechs oder acht Jahren ihre Berufstätigkeit aufgegeben haben, dann wissen sie häufig gar nicht mehr: Wo stehe ich heute überhaupt?“ Entsprechend gehe es einerseits darum, einen Überblick über vorhandene und in der Zwischenzeit neu hinzugekommene Qualifikationen der Rückkehrerinnen zu gewinnen und andererseits aber auch, ihre Wünsche und Erwartungen zu analysieren.

Neben der Rückkehr in den ursprünglichen Beruf gebe es immer wieder auch Fälle, bei denen Teilnehmer noch einmal neu ansetzen wollten. Auch komme es entscheidend darauf an, in der Familie die richtigen Strukturen zu schaffen, sagt Salziger: „Es ist eine ganz wichtige Voraussetzung, dass alle, etwa beim Thema Zeitmanagement, an einem Strang ziehen. Wir haben auch schon einen Kochkurs für Väter angeboten.“

Das Entscheidende sei die Motivation der Teilnehmerinnen, sagt Hansjörg Lüttke, Geschäftsführer der Hamburger Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung (KWB), die ebenfalls ein Modellprojekt im Rahmen des Aktionsprogramms „Perspektive Wiedereinstieg“ anbietet. Dort werden die Frauen ebenfalls von sogenannten Case-Managerinnen individuell betreut und in zwei Gruppen je etwa 15 Menschen geschult. Dabei geht es Lüttke zufolge unter anderem auch darum, sich nach mehreren Jahren wieder in Unternehmensstrukturen und Kommunikationskulturen am Arbeitsplatz einzuklinken.

Oft gebe es nach längerem beruflichen Pausen aber auch Unsicherheiten, weil die realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten schwerfalle, sagt Lüttke. „Das ist ein Riesenproblem.“ Hinzu komme in vielen Fällen zudem auch „sozialer Druck“, weil das persönliche Umfeld nicht immer positiv auf die Entscheidung zur Rückkehr in den Beruf reagiere.

Die Bundesregierung hat das Programm schon vor einigen Jahren gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) und diversen lokalen Partnerorganisationen nicht zuletzt deshalb ins Leben gerufen, weil es in Zeiten des langsam heraufziehenden Fachkräftemangels zunehmend darum gehen wird, bislang brachliegende Potenziale am Arbeitsmarkt besser zu erschließen. Früher berufstätige Menschen, die wegen Kindern oder eines pflegebedürftigen Angehörigen ihre einstige Beschäftigung aufgaben, gehören auch dazu.

Das Angebot richtet sich an beide Geschlechter. In der Realität aber betrifft das Thema eines Wiedereinstiegs nach einer längeren familienbedingten Auszeit bisher praktisch ausschließlich Frauen. „Wir hatten während der gesamten Laufzeit seit 2009 zwei Männer“, berichtet Salziger von ihren Erfahrungen mit dem Bremer Projekt.

Die Projektträger sind eng verzahnt mit den Jobcentern und der Bundesagentur für Arbeit, die das Programm gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) auch finanzieren. Auf diese Weise lassen sich auch Fragen etwaiger staatlicher Qualifizierungsleistungen meist reibungslos klären.

Nicht zuletzt geht es auch um die Einbeziehung von Unternehmen – etwa bei Fragen nach familienfreundlicher Arbeitsplatzgestaltung. „Wir beraten Firmen da sehr intensiv“, sagt Lüttke. Dabei gehe es insbesondere auch um die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen. Viele kleinere Unternehmen, die sich keinen Berater leisten könnten, seien oft zu Unrecht der Ansicht, dies würde sie überfordern. „Nachher sehen sie dann: Ich kann das organisieren und es ist vielleicht sogar wesentlich produktiver.“  SEBASTIAN BRONST