Der TÜV, mein Mann, unser Auto und ich

AUTO Ein Fahrzeug will bewegt werden, es steht sich kaputt, sagen die Fachleute in der Werkstatt. Nun, sie haben wohl recht. Unser Auto steht nur rum – und kostet. Ein eigener Pkw lohnt eben nicht in einer Stadt wie Berlin

■ Geliebtes Blech: Rund 44 Millionen Fahrzeuge rollen auf deutschen Straßen, ergab eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes im letzten August. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag einer Autoversicherung nach dem oft postulierten schwindenden Stellenwert des Autos als Statussymbol gefragt. Immerhin: Noch mehr als ein Drittel der Autofahrer (35 Prozent) gab an, das Auto als Statussymbol zu sehen. Das ist Platz zwei knapp hinter Haus oder Wohnung. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren belegt das Auto hingehen sogar Platz eins mit 64 Prozent. Es stimmt also, die Deutschen lieben noch „ihr“ Auto. Vielen ist es weiterhin Kult- und Fetischobjekt, Statussymbol, Wertanlage und auch Streitobjekt. Wer fährt den coolsten Wagen? Wer besitzt den schnittigsten Schlitten? Ein Auto ist etwas sehr Privates. Deshalb teilt man es ungern mit Fremden. Und so ein Gehabe fängt natürlich schon im Kindesalter an. Nur dass es da nicht um überteuerte Luxusfahrzeuge geht, sondern eher um Roller oder Bobbycars. Ob die Kleinen später ihr Auto genauso innig lieben werden wie einst ihr Bobbycar, ist indes fraglich … (heg)

VON ANDREAS HERGETH

Mist, das Auto springt nicht an. Schon Wochen vorher machte der Motor komische Geräusche. Aber eben nur ganz selten – auf der Autobahn, so ab Tempo 130. Der Automobilclub musste kommen und diagnostizierte eine kaputte Batterie. Nicht mal aufladen half. Tod durch Stillstand, sagt der Fachmann und verkauft uns eine neue Autobatterie. Nun springt die Kiste wieder an, aber nur, damit eine kleine rote Leuchte signalisiert: Bitte sofort in die Werkstatt! Auch das kannten wir schon und wussten, was das Signal bedeutet: Es kostet viel Geld! In den letzten Jahren kam das öfters vor.

Das Auto hat sich mein Mann vor zwölf Jahren gekauft. Es handelt sich um einen Opel Agila, ein eher kleinerer Van, in schickem Rot. Dank der erhöhten Sitzposition witzeln wir öfter, dass das Auto für unsere Zukunft ausgelegt sei. Denn alle, die bisher mitfuhren, freuten sich über das leichte und hüftfreundliche Einsteigen, auch die Oma. Nun wird aus der altersgerechten Einstiegshöhe wohl nichts. Die rote Leuchtdiode kommt uns dazwischen.

Sie hat uns 1.500 Euro abverlangt und intensives Abwägen. Investieren oder nicht? Okay, ein allerletztes Mal, haben wir entschieden. Am Motor war tatsächlich ein Teil kaputt, die sogenannte Steuerkette musste ausgetauscht werden. Und das Abgasrückführventil gleich mit, darum brannte die Leuchte. Der Werkstattmitarbeiter gab den freundlichen Rat mit auf den Weg, sich doch lieber vom Auto zu trennen. Zu alt, zu anfällig, zu wenig gefahren: Autos stehen sich kaputt, sie hießen ja auch „Fahr“zeuge. Und der nächste TÜV kommt bestimmt. Früher waren diese technischen Überprüfungen ein Klacks. Doch mit den Jahren trat immer häufiger der ein oder andere Defekt oder ein abgenutztes und zu ersetzendes Teil auf. Die Investitionen wurden also größer und größer.

Und es stimmt schon. Wir brauchen das Auto kaum. Ich fahre stets mit dem Rad zur Arbeit oder sonst wohin. Mein Mann muss bis nach Grünau und nimmt lieber die S-Bahn. Ab und an fährt er doch mit dem Auto –es soll ja bewegt werden! –, aber er mag es eigentlich überhaupt nicht, sich durch die Zeiten der Rushhour zu quälen. Dabei liebt er sein kleines Auto und hängt daran. Es fährt sich so gut, wenn es fährt. Es ist so praktisch.

Fast täglich schmeißt man Visitenkarten von irgendwelchen ominösen Autokäufern weg

Wir erledigen damit alle paar Wochen den Einkauf, aber nur, wenn die Kisten mit Wasser alle sind. Im Frühjahr holen wir mal Blumenerde und Pflanzen für den Balkon, im Winter hin und wieder Briketts für den Kachelofen im Wohnzimmer. Ansonsten einmal im Jahr ins Möbelhaus oder so – das war’s. Und dann sind da die regelmäßigen Überlandfahrten, wie wir das nennen. Verwandtenbesuche im Hessischen oder Mecklenburgischen. Immer geht es aufs Dorf. Wer da hin- und wieder wegwill, ist auf einen „fahrbaren Untersatz“ – so nannte man den Trabi zu DDR-Zeiten – angewiesen.

Ansonsten steht das Auto rum. Genau vor unserer Haustür. Unter einem Baum. Und dreckt ein. Da wird man zum Taubenhasser – so eine aggressive, ja ätzende Scheiße! Und gegen Moos, dass auf den Fenstergummis wächst, hilft eigentlich nur die Chemiekeule. Einfache Autowäsche nützt da gar nichts. Und fast täglich schmeißt man diese Visitenkarten von irgendwelchen ominösen Autokäufern weg, die hinterm Fenstergummi stecken. „Wollen Sie Ihr Auto verkaufen?“, steht auf diesen Kärtchen samt einer Handynummer. Vielleicht heben wir die jetzt auf.

Alles übers Carsharing und die Ökobilanz des Autoteilens SEITE 44, 45