Teddy war unsterblich

REINKARNATION Über ein Tier, das fünf Mal wiederauferstehen musste

VON MARTIN REICHERT

Bestimmte Nagetiere galten in den Achtzigern als niedrigschwelliges Haustier. Wenn die Wohnung zu klein war für einen Hund und der Garten nicht groß genug für ein Pferd, dann war ein Hamster keine schlechte Lösung. In meinem Fall war es ein sogenannnter Teddyhamster, eine Zuchtform des gemeinen Goldhamsters mit „Big Hair“, auch als „Angorahamster“ bezeichnet, was mir allerdings seinerzeit nicht bewusst war. Der Name für den Hamster war von der Produktbezeichnung abgeleitet schnell gefunden: „Teddy“.

Nun war es einerseits so, dass Hamster nicht allzu lange leben, so zwei bis drei Jahre. Und andererseits war es so, dass man in meiner Familie mit Verlusten irgendwie nicht gut umgehen konnte – hatten doch meine Eltern als Kriegskinder unter anderem ihre Väter verloren und manch anderes mehr. Außerdem war da noch der drohende 3. Weltkrieg, das Waldsterben, Tschernobyl und Aids. Eine Kombination, die dazu führte, dass beim jeweiligen Ableben eines Hamsters die ganze Familie schon im Auto saß, um das Heimtiergeschäft in der nächstgelegenen Stadt aufzusuchen. Der alte Teddy war kaum unter der Erde, da wurde schon der neue ausgesucht und in einer kleinen Pappschachtel nach Hause gebracht.

Diese Form der Trauerbewältigung galt für den weiteren Fortgang meiner Adoleszenz als gesichert und wurde nie hinterfragt – ich war schließlich der Jüngste und hatte sogar keine Großmutter mehr. Bis zur Erreichung der sogenannten Mittleren Reife hatte ich es so auf fünf Hamster mit dem Namen Teddy gebracht. Mit Teddy V. war dann allerdings Schluss, fürderhin richtete ich meine Bindungsabsichten auf Menschen und der Hamsterkäfig kam auf den Müll.

Das, was dann kam, war zwar so ähnlich – man nennt es serielle Monogamie – aber in der Praxis dann doch komplizierter. Man kann dann nicht sagen, dass auf Schnuppsi I. einfach Schnuppsi II. folgte. Auch ist es ja Gott sei Dank in der Regel nicht so, dass Partner einfach nach zwei Jahren sterben, weil man sie ständig tagsüber aufgeweckt hat, um sie zu streicheln oder mit Nüssen zu füttern. Nein, PartnerInnen sind einfach treulose Tomaten oder sonst wie verhindert, bevor sie verschwinden.