STADTGESPRÄCH
: Fäkalien für den Imperialisten

WARUM SCHWARZE STUDENTEN IN SÜDAFRIKA ZU DENKMALSTÜRMERN WERDEN

Rhodes muss weg, lautet die Kampagne. Zwar thront das majestätische Denkmal für den britischen Empireaufbauer Cecil John Rhodes schon seit dem 19. Jahrhundert auf den Stufen am Portal der Universität von Kapstadt. Aber erst jetzt gehen schwarze Studenten auf die Barrikaden und bewerfen den einstigen Helden mit Fäkalien.

Für die protestierenden Studenten ist es nur eine Frage der Zeit, dass Rhodes fällt. Der Universitätssenat sieht Rhodes nach einer Abstimmung ebenfalls als Übel. Bis am 8. April das Urteil des Rats und damit möglicherweise das Denkmal fällt, steht der britische Eroberer des südlichen Afrikas in einer Holzbox. Der in Kapstadt gestorbene Kolonialist ziert nur noch in einer Kiste die ehemalige Prestigeuniversität der Weißen, an der jetzt Post-Apartheid-Südafrika seine Risse zeigt.

Inwieweit Symbole der einstigen Weißenherrschaft im „neuen Südafrika“ bestehen dürfen, ist seit dem Ende der Apartheid ungeklärt. Die Umbenennung von Straßen, Flughäfen und Plätzen ist weitgehend abgeschlossen. Doch die Attacken auf die Rhodes-Statue zeigen mehr: „Sie geben uns einen Einblick in die Frustrationen und Aspirationen der aufkommenden schwarzen Mittelklasse“, sagt Kolumnist Max du Preez.

Diskussionen über Rassismus sind in Südafrika immer dabei, egal wovon die Rede ist, ob von Stromausfällen oder Terroranschlägen. Jetzt richten sie sich gegen ein Gesicht: das von Rhodes. Die Studenten sprechen von institutionellem Rassismus. Die „Born free“-Generation, die den Antiapartheidkampf nicht selbst erlebt hat, fühlt sich nicht vertreten an einer ehemals weißen Universität, deren akademische Führung immer noch mehrheitlich weiß ist. Viele stammen nicht aus ärmsten Verhältnissen, sondern haben Stipendien und wohlhabende Eltern. Aber die Unsicherheit bleibt. „Die Systeme und Strukturen hier erwecken einen Eindruck, dass wir fühlen, wir gehören nicht dazu“, sagt Ntokozo Dladla, ein 21-jähriger Jurastudent. „Die Statue dramatisiert diese Gefühle. Wir wollen sie nicht zerstören, sie soll lediglich verschwinden.“

Sonst richtet sich Protest meistens gegen Ehrungen der Afrikaanderherren des ehemaligen Regimes. Also warum jetzt Rhodes? Sollen wir demnächst auch noch die Fische und Vögel umbenennen?, fragen manche. Und wann kommt das Denkmal Paul Krugers in Pretoria dran, des ersten burischen Präsidenten?

Aber die protestierenden Studenten haben keinen Rassenkrieg angezettelt, sie waren nicht gewalttätig, niemand kam zu Schaden. Sie tun das, was von Studenten erwartet wird: Scheiße werfen, kritisch sein, Identität suchen.

Die Studentin Mbali Matandela meint, das Problem gehe viel tiefer: „Unsere Lehrer repräsentieren weder unsere Geschichte noch unsere Erzählungen und Sprache. Wir erkennen uns nicht in den Monumenten wieder, und dann lesen wir Bücher, die nichts mit uns zu tun haben.“

MARTINA SCHWIKOWSKI

AUS JOHANNESBURG