Weihnachtsgeld für Hartz IV-Empfänger

Die nordfriesische Gemeinde Witzwort kann die Extra-Leistung bezahlen, weil sie eine Wohltätigkeitsstiftung aus dem 19. Jahrhundert verwaltet. Andere Dörfer finden das problematisch, denn sie verfügen nicht über Sonderfonds

Der Dezember ist für Hartz IV-Empfänger ein schwieriger Monat: Erstens hat er 31 Tage, zweitens liegt Weihnachten mittendrin und Extra-Geld für Geschenke oder ein besonderes Essen sieht der Regelsatz nicht vor. Unfair, findet Gaby Lönne, Gemeindevertreterin im Dörfchen Witzwort im Kreis Nordfriesland: „Als es noch Sozialhilfe gab, erhielten die Leute eine Sonderzahlung, die ist weggefallen. Ich kenne einige Betroffene und weiß, wie hart das ist.“ Die SPD-Politikerin schlug im Gemeinderat vor, das Problem anzugehen. Nun erhalten die Hartz IV-Empfänger des 1.000-Einwohner-Dorfes erstmals Weihnachtsgeld: 80 Euro gibt es für den „Haushaltsvorstand“, weitere Personen bekommen 50 Euro.

„Im Gemeinderat fanden alle die Idee gut, aber wir mussten überlegen, wie wir es dauerhaft sichern“, berichtet Lönne. Aus dem knappen Haushalt konnte das Geld nicht aufgebracht werden. Aber Witzwort verwaltet eine Stiftung für soziale Zwecke. Die Stifterin, Margarete Peters, schenkte der Gemeinde Anfang des 19. Jahrhunderts 27 Hektar Land, dessen Erträge den Armen zugute kommen sollten. „Damals war die Not sehr groß“, sagt Lönne. „Und heute ist es teilweise wieder so. Es geht vielen Leuten schlecht.“

Bisher floss das Stiftungsgeld direkt in den Etat der Gemeinde für Sozialleistungen. In diesem Jahr entstand ein eigener Topf für das Weihnachtsgeld. Berechtigt sind Langzeitarbeitslose, arme Alte und Heimbewohner, die alle beim Bürgermeister einen Antrag stellen mussten. Ein Rechtsanspruch besteht nicht, geplant ist aber, die Beihilfen auch in den kommenden Jahren auszuzahlen.

Der Rummel um das Witzworter Weihnachtsgeld war groß. Es habe nicht nur positive Reaktionen gegeben, sagte Bürgermeister Willi Berendt dem NDR: „Viele Gemeinden sind nicht in der Lage, so eine Aktion zu starten, fühlen sich aber jetzt gedrängt, auch so etwas zu machen.“ Dabei habe die Hilfe für die Bedürftigen im Ort dank der Margarete-Peters-Stiftung einfach Tradition. Gaby Lönne sagt: „Natürlich kann eine Gemeinde, der es finanziell gut geht, freiwillig so etwas machen.“ Aber sie weiß auch: Die Haushalte der meisten Gemeinden reichen gerade aus, um das Pflichtprogramm wie Wegesanierung und Kitagebühren zu bezahlen. Sollte etwas übrig bleiben, ist auch das in den meisten Orten längst verplant. „Im Gemeinderat führen wir höchstens noch ideologische Debatten um die Hundesteuer“, sagt Lönne.ESTHER GEISSLINGER