Getrunken wird überall

Ein Drittel aller Gewalttaten wird unter Alkoholeinfluss begangen. Die SPD fordert, übermäßiges Trinken in der ganzen Stadt zu beschränken. Nur auf dem Kiez gibt es ab Januar Gegenmaßnahmen

Von ELKE SPANNER

Alkohol und Gewalt – diese Kombination ist nicht nur ein Problem auf der Reeperbahn in St. Pauli. In ganz Hamburg gilt: Jeder dritte Täter, der Gewalt ausübt, ist dabei alkoholisiert. Das ergibt die Antwort des Senates auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion. Innenexperte Andreas Dressel warnt vor diesem Hintergrund davor, die gefährliche Mischung von Alkohol und Gewalt nur als Kiezproblem anzusehen: „Alkohol wirkt enthemmend und beschleunigt die vielen Gewalteskalationen in unserer Stadt. Hier muss hamburgweit etwas getan werden.“

Inwieweit Alkohol bei Straftaten eine Rolle spielt, ist nur bei den Delikten nachzuvollziehen, die die Polizei aufklären konnte. Im ausgewerteten Zeitraum zwischen Januar und Ende September waren 12,3 Prozent aller Straftäter alkoholisiert. Bei den Gewaltdelikten liegt die Quote deutlich höher: In 33,1 Prozent aller Fälle hatte der Täter zuvor getrunken. Bei den Körperverletzungen waren es 31,5 Prozent.

Die Quote der durch Alkohol geförderten Gewalt ist nicht nur hoch, sie ist auch gestiegen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 11,1 Prozent aller Delikte, bei denen die Täter getrunken hatten. Im Jahr 2002 lag der Anteil betrunkener Täter nur bei 7,2 Prozent. Bei der Gewaltkriminalität ist der Anteil der Fälle, in denen Alkohol eine Rolle spielte, im gleichen Zeitraum von 25 Prozent auf die derzeit 33,1 Prozent angestiegen.

Vor diesem Hintergrund fordert die SPD, ein Paket polizeilicher Maßnahmen für die ganze Stadt zu entwickeln, das „präventive und repressive“ Elemente enthält. Nach Vorstellungen von Dressel sollte es regelmäßige und unangemeldete Kontrollen in Gaststätten, Diskotheken und im Getränkehandel geben, um die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes zu überprüfen. Sollte dabei festgestellt werden, dass Alkohol an Jugendliche ausgegeben wird, sollte dies konsequent geahndet werden – bis hin zum Konzessionsentzug für Gaststätten.

Zudem regt Dressel an, die Suchtprävention für Jugendliche zu verbessern. Polizeiliche Schwerpunktmaßnahmen bei Szenetreffpunkten sollten durch Straßensozialarbeiter ergänzt werden. „Hier tut der CDU-Senat viel zu wenig“, kritisiert der SPD-Abgeordnete. „Prävention scheint für ihn wieder mal ein Fremdwort zu sein.“

Für die Reeperbahn hat der Senat zum Jahreswechsel ein Maßnahmenpaket erlassen, durch das der Alkoholkonsum und damit auch die Gewalt eingedämmt werden soll. Das öffentliche Trinken von Alkohol soll verboten werden, Kioske und Läden sollen ab 2008 freiwillig von Donnerstags bis Sonntags ab 23 Uhr auf den Verkauf von Alkohol verzichten. Glasflaschen sollen ganz verschwinden. Greifen die Vorgaben nicht, wollen die Behörden ein Alkoholverbot für den Kiez verfügen.

Dieses Konzept hat außer der SPD auch die GAL-Fraktion kritisiert. „Mit der Entscheidung, den Kiez am Wochenende von 22 Uhr an für Jugendliche unter 18 Jahren abzuriegeln, betreibt der Senat Verdrängungspolitik auf Kosten der Jugendlichen, ohne ihnen eine Alternative zu bieten“, sagt Antje Möller, die innenpolitische Sprecherin der GAL.