Lernen, um dabei zu sein

BILDUNG III In Mitte gibt es die „Phänomenklasse“ – für Kinder ohne Deutschkenntnisse

Die Heinrich-von-Stephan-Schule in Mitte ist ein Ort, an dem es viele Wünsche gibt. An die graue Mauer im Pausenhof sind bunte exotische Tiere gemalt, auf dem Boden liegt ein Papierflieger: „Air Berlin“ steht in wackeliger Kinderschrift auf dem Papier. Auch im Klassenzimmer der „Phänomenklasse“, einer Lerngruppe für Kinder ohne Deutschkenntnisse, gibt es Wünsche für die Zukunft: Aischa* will gerne Kosmetikerin werden, Dario* will Medizin studieren.

Der Name „Phänomenklasse“ sei der Vorschlag eines Schülers gewesen, erzählt Julia Frahm, eine der zwei Lehrerinnen. „Er hat das Wort im Fernsehen gehört und fand den Klang schön – verstanden hat er es nicht.“ Die meisten Kinder in der besonderen Lerngruppe kommen aus Bulgarien, Rumänien, Serbien oder aus der Türkei. Die Lehrerinnen Julia Frahm und Gönül Karacam-Ünlü unterrichten die 15 SchülerInnen jeden Tag mindestens zwei Stunden in Deutsch. Der restliche Stundenplan der Phänomenklasse ist mit Fächern wie Sport, Kunst, Mathe und Biologie gefüllt. 22 der 31 Unterrichtsstunden unterrichten die Lehrerinnen gemeinsam. Besser wäre es, alle Stunden zu zweit halten zu können, so Karacam-Ünlü. „Wir haben Niveaustufen vom Analphabeten bis zum Gymnasiasten, das ist sehr heterogen“, sagt die türkischstämmige Lehrerin, die als Kind selbst in eine Kleinklasse für Migranten gegangen ist. „Aber wir haben ja Unterstützung von einer Lernpatin, einer Lehrerin in Rente, die ehrenamtlich zusätzlichen Einzelunterricht anbietet.“

Um die Kinder möglichst schnell in die Regelklasse zu integrieren, gibt es die Vorgabe der Senatsverwaltung, dass die Kinder nach einem Schuljahr die besondere Lerngruppe verlassen sollen. In der Phänomenklasse seien zwei Kinder bald so weit zu wechseln, so Frahm. Am besten fände sie eine flexible Regelung. „Manche schaffen nach nur zwei Monaten den Sprung in die Regelklasse und manche brauchen Jahre dafür. Mit Motivation hat das nichts zu tun. Alle, die hier sind, wollen die Sprache so schnell wie möglich lernen – allein deshalb, um am Leben hier teilhaben zu können.“ JULIA KOHL

* Namen geändert