„Oft lohnt es sich nachzuhaken“

Immer mehr Betroffene beschweren sich über fehlerhaftes Hartz IV-Management in Schleswig-Holstein. Dass hier besonders schlecht gearbeitet würde, will das Büro der Bürgerbeauftragten für soziale Fragen aber nicht bestätigen

THOMAS RICHERT, 44, Jurist, ist stellvertretender Bürgerbeauftragter für soziale Angelegenheiten in Schleswig-Holstein.

taz: Herr Richert, das Büro der Bürgerbeauftragten für soziale Fragen meldet ein Rekordhoch von Beschwerden über Hartz IV-Bescheide. Ist die Lage in Schleswig-Holstein besonders schlimm?

Thomas Richert: Es ist ein Bundestrend, in dem das Land mitschwimmt – ich will nicht sagen, dass die Arbeit hier schlechter gemacht wird als anderswo.

Aber offenbar auch nicht besser: Sie bemängeln unverständliche Bescheide, Überschneidungen, lange Wartezeiten. Passiert das bewusst?

Ich glaube, dass die Menschen in den Behörden Probleme haben, den zahlreichen Gesetzesänderungen zu folgen, und es ist schwer, so viele Personen ständig zu qualifizieren. Aber es geht zulasten der Menschen, und das darf nicht sein.

Wie oft können Sie eigentlich weiterhelfen?

Aufklären können wir die meisten Fragen. Natürlich können wir nicht jeden Fall zur Zufriedenheit der Betroffenen lösen, aber es gibt viele gesetzliche Neuregelungen und Änderungen, so dass es sich oft lohnt nachzuhaken.

Sie sprechen die Veränderungen an – eine besonders große hat jetzt das Bundesverfassungsgericht angeschoben: Nach seinem aktuellen Urteil muss die gesamte heutige Struktur geändert werden. Wird jetzt alles besser?

Ich bin sehr gespannt. Schon beim ersten Mal hat sich der Gesetzgeber schwergetan. Die Frage wird sein, ob es eine oder zwei Anlaufstellen geben wird. Man muss das abwarten.

Oft sind es Kleinigkeiten, die das Leben der Hartz IV-Klienten und Ihre Arbeit erschweren – zum Beispiel, dass alle Anfragen über Callcenter laufen.

Genau diesen Punkt bemängeln wir: Der direkte Draht zum Sachbearbeiter fehlt. Oft passieren Fehler oder Überschneidungen, weil unklar ist, wer welche Akte bearbeitet. Die Leute in den Callcentern sind fachlich nicht imstande, Fragen zu klären.

Wäre nicht auch viel erreicht, wenn die Behörden endlich lernen, ihre Bescheide in richtigem Deutsch zu verfassen?

Ja. Bürgernahes, verständliches Deutsch würde viele Probleme vermeiden. Oft passieren schon beim Ausfüllen der Formulare Fehler – weil die Leute die Frage nicht verstehen. INTERVIEW: ESTHER GEISSLINGER