ANJA MAIER ÜBER NOTWENDIGE REAKTIONEN AUF DIE TRÖGLITZER BRANDSTIFTUNG
: Auf keinen Fall zurückweichen

Nach dem Brandanschlag ist die Politik gefordert. Sie muss sich vor Bürger und Flüchtlinge stellen

Ja, man hat das kommen sehen. Leider. Gar nicht einmal zwangsläufig in Tröglitz, jenem Dorf in Sachsen-Anhalt, wo kürzlich Fremdenfeinde den Bürgermeister zum Aufgeben gezwungen haben. Aber durchaus in einem jener abgelegenen Orte, wo Flüchtlinge untergebracht werden und wo sie den Schmähungen und Unterstellungen der NPD, der AfD und der verlogenen „Abendspaziergänger“ ausgesetzt sind. Wo Nachbarn gegen Nachbarn hetzen und ideologische Brandstifter unbehelligt bleiben.

Letztlich aber scheinen Orte und Umstände austauschbar. Es bleibt der Topos Tröglitz. Durch ihn wird jene Stimmung sichtbar, die den Mob in dem sicheren Gefühl der Überlegenheit und der Anschlussfähigkeit von Menschenverachtung wiegt. „Asylanten“ wollen wir hier nicht – und dafür tun wir jetzt auch was. Dieses Gefühl muss aufgebrochen werden.

Gefragt ist jetzt Haltung. Und zwar nicht nur seitens der Demokraten vor Ort. Also jener, die sich mit den neu ankommenden Nachbarn solidarisieren, die Sprachkurse organisieren, die mit den Kindern spielen und mit den Erwachsenen kochen.

Mindestens so wichtig ist jetzt die Haltung der Politik. Und zu deren Appellen braucht es die dazugehörigen Bilder und Gesten. Auch wenn Osterferien sind und das Parlament in Berlin erst wieder in drei Wochen zusammentritt – jetzt ist der Moment, in dem sich Spitzenpolitiker vor ihre Bürger stellen müssen. Die Kanzlerin, der Vizekanzler, der Innen- und der Justizminister sollten an den Tatort fahren und klarstellen: In unserer Grundüberzeugung geben wir keinen Millimeter nach. Wir schützen Flüchtlinge und deren Unterstützer. Und wir verhandeln nicht mit jenen, die Demokratie und Meinungsfreiheit für ihre menschenverachtenden Ziele missbrauchen. Politik kann derlei leisten. Sie muss es aber auch tun.

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