Wenig Zusagen aus Moskau

KRISE Kein billigeres Gas, aber eine Beteiligung an der Eisenbahn und vielleicht ein bisschen mehr Exporte – das ist die Bilanz der Russland-Reise von Alexis Tsipras

Die Griechen könnten zum „geopolitischen Akteur“ werden, meint Putin

AUS MOSKAU KLAUS-HELGE DONATH

Mit viel Herzlichkeit, aber wenig Konkretes: In dieser Einschätzung zum Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Moskau waren sich russische und griechische Beobachter einig. „Als Vorschuss gab es Freundschaft“, meinte das führende russische Wirtschaftsblatt Wedomosti.

Nach Angaben von Tsipras wird aber immerhin darüber verhandelt, wie sich Russland an den geplanten Privatisierungen in Griechenland beteiligen kann. Moskau hatte schon im Vorfeld großes Interesse am Hafen von Thessaloniki angemeldet. Auch der russische Eisenbahnkonzern RZD versucht schon seit längerer Zeit, bei der griechischen Staatsbahn einzusteigen. Diesmal könnte der Vorstoß gelingen. Zudem würde Gazprom gern beim staatlichen griechischen Gaskonzern Depa einsteigen. Athens Energieminister hatte unterdessen noch beim Besuch Anfang letzter Woche die Möglichkeit ausgeschlossen. Moskau weiß natürlich, dass sich die EU gegen einen Einstieg stemmen würde.

Das könnte einer der Gründe sein, warum die Senkung des Gaspreises, um die Tsipras Russland bitten wollte, bei den Gesprächen nicht mehr erwähnt wurde, zumindest nicht öffentlich. Griechenland bezahlt bislang weit mehr als den durchschnittlichen Preis, den Russland von anderen europäischen Ländern verlangt – obwohl sich Gazprom im letzten Jahr bereits auf einen Nachlass einließ.

Putin lockte den Griechen überdies mit einer Verlängerung der geplanten Gaspipeline „Turkish Stream“ über Griechenland bis Zentraleuropa. Sie ist Russlands Alternative zum 2014 aufgegebenen Plan der South-Stream-Pipeline durch das Schwarze Meer nach Bulgarien. Dadurch könne Griechenland zu einem „geopolitischen Akteur“ aufsteigen, meinte Putin, und die Rolle eines europäischen Gasverteilers übernehmen. Angeblich sei auch erörtert worden, ob sich Moskau an der Finanzierung des griechischen Pipeline-Abschnitts beteiligen könne.

Konkretere Hoffnungen soll Alexis Tsipras unterdessen mit dem Treffen mit Regierungschef Dmitri Medwedjew verbunden haben. Zur Debatte stand die Lockerung der russischen Lebensmittelsanktionen. Athen behauptet, von den Sanktionen besonders schwer betroffen zu sein, was von der EU-Kommission jedoch zurückgewiesen wurde. Putin hatte am Vortag die komplette Aufhebung des Embargos noch ausgeschlossen. Er stellte jedoch in Aussicht, durch Gründung russisch-griechischer Gemeinschaftsunternehmen Auflagen umschiffen zu können. Steigt Alexis Tsipras darauf ein, würde er zwar gegen die gemeinsame EU-Linie verstoßen, von den griechischen Bauern aber einen dicken Bonus erhalten.

Konkreter waren die Nachrichten, die am Donnerstag aus Athen kamen: Nach Regierungsangaben zahlte das Land fristgerecht einen Kredit von rund 550 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds zurück. Anderenfalls wäre das Land als bankrott eingestuft worden.

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