Ruhender Verkehr erzeugt politische Unruhe

■ Immer mehr Autos in Berlin brauchen immer mehr Parkplätze / Soll man durch mehr Stellplätze in der Stadt die Motorisierung fördern oder durch Parkplatz-Rationierung die Blechlawine bremsen? / Eine Diskussion unter Politikern und Stadtplanern

„Alles, was die Autos behindert hat, wurde von der Straße geschafft: Radfahrer, Kinder, Straßenbahnen. Jetzt behindern nur noch die parkenden Autos den Verkehr. Die Blechlawine drängelt sich in den Lebensraum der anderen, auf Bürgersteige und Radwege!“ Empört machte sich eine Studentin auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Stellplätze - nur ein Platzproblem?“ Luft. Der Verband der Stadt- und Regionalplaner hatte Vertreter von Parteien, Behörden und Fachleute am Donnerstag abend in die HdK zu einem der größten Probleme der Stadtplanung geladen: Wohin mit dem „ruhenden Verkehr“?

Die Probleme von fließendem und ruhendem Verkehr sind nicht zu trennen, und wegen der steigenden Zulassungszahlen der Autos werden sie zunehmen (s. Kasten). Da war man sich einig, die Vorschläge zur Abhilfe unterschieden sich jedoch. Der Vertreter der CDU, Rainer Gisel, forderte den Bau von Parkhäusern, Tiefgaragen, Kurzparkzonen in der City und elektronische Parkleitsysteme, die einem schon bei der Abfahrt sagen, wo man am Ziel einen Parkplatz findet. Das Parken, auch im öffentlichen Straßenraum, müsse eben Geld kosten. „Ich gehe davon aus, daß die große Mehrheit Auto fahren will und ich will das auch“, begründete er. Das müßten die Politiker eben ermöglichen. „Es gibt auch andere Bedürfnisse als die von Autofahrern, es gibt Leute, die in einer lauen Sommernacht draußen sitzen wollen und Kinder, die nicht totgefahren werden wollen, davon wird nie geredet“, hielt ihm Gabi Vonnekold als Vertreterin der AL unter Beifall entgegen. Man müsse im Gegenteil die Parkplätze verknappen, Falschparker rigoros abschleppen und dafür die BVG verbilligen, dann würden sich die Stellplatzprobleme dadurch lösen, daß weniger Leute Autos wollten. Einen Zusammenhang zwischen Verkehrsmittelwahl und Parkplatzangebot bestätigte auch Volker Sparmann von der Studiengesellschaft Nahverkehr.

Daß die Politiker nicht systemübergreifend an die Probleme herangehen, beispielsweise einen Stadtentwicklungsplan für den fließenden Verkehr festsetzten, ohne den ruhenden zu berücksichtigen, mußte der Vertreter des Verkehrssenators, Lotze, bestätigen. „Planerische und ordnungsrechtliche Instrumente sind schwach gegenüber der Werbung der Autoindustrie in den Medien.“ Die Parkplätze müßten in Zukunft den Autofahrer mehr kosten. Daß das Problem technisch nicht zu lösen sei, darin waren sich die Planer einig. „Technische Leitsysteme optimieren und vergrößern damit den Verkehr.“

esch