Sonntags immer

■ Das autonome Dorf spielt Ball

Die Postkartenhütten am Potsdamer Platz oder dem, was davon übriggeblieben ist, sind geschlossen, die Fenster mit Brettern verrammelt und die Touristenbusse fahren einen großen Unmweg um Kubaxland - die Dorfgemeinschaft fristet fast abgeschlossen von der Umwelt das frustrierende Leben des alltätglichen Daseins.

Die Kewenigschen Abschottungsmaßnahmen treffen gerade in einem Zeitpunkt, als die Besetzer ihren Widerstand an allen Fronten auch auf die Postkartenfront ausdehnen wollten. Nun müssen die Postkarten - Modell Dorfidylle in Schwarz-Weiß am „Platz der aufständischen Massen“ an verirrte Touris verscherbelt werden. Der Preis: 1,50DM - eine eigene Kubax -Währung ist noch nicht in Sicht, und auch Hinkelsteine und Wildschweine haben sich als Tauschmittel nicht bewähren können.

Die Nachfrage nach Transitvisa für die Kubax-Transitstrecke vom Postdamer Platz bis zum Brandenburger Tot ist ebenso ins Stocken geraten. Dies ist um so tragischer, als diese Strecke auch ohne Milliardenaufwand des Bundesverkehrsministers sicherlich zu den bestausgebautesten Europas zu zählen ist - der erste Fahrradweg mit einseitigem Lärmschutzwall.

Der Rückgang der Transitvisanachfrage wird alldings durch einen regelrechten Boom bei den Aufenthaltsgenehmigungen ausgeglichen. Nachdem bei den Jubiläumsfeierlichkeiten am Wochenende wieder verschiedene Gitter und Absperrzäune in einer großangelegten Enteignungsaktion erworben werden konnten, steht nun auch wieder qualitativ erstklassiges Baumaterial zur Verfügung.

Die Konstituierung einer „Touritingelgruppe“ ist fürs erste aufgegeben worden. Statt der ersehnten Feuerschlucker und Rastellis beglückten am Sonntagmorgen einige Sportler die erwartungshungrigen Zuschauer: Ein Planschball wurde mehrmals (!) hin- und her-(!) geworfen.

That's entertainment: Bleib fit - besetz mit.

Thomas Langhoff