UNiMUT-betr.: "NRW: Gegen Studienreform und Asten", taz vom 24.1.89

betr.: „NRW: Gegen Studienreform und Asten“,

taz vom 24.1.89

In diesem Artikel wird der Eindruck erweckt, als hätten die Studierenden seit den ersten Veröffentlichungen der Strukturpläne durch Wissenschaftsministerin Anke Brunn im Sommer 1987 bis zum Beginn des Wintersemesters 1988/89 geschlafen. Dabei werden einige Demos, Streiks und Aktionen und viele, viele Infos und Vollversammlungen, die in den letzten eineinhalb Jahren zu diesem Thema stattfanden, unterschlagen.

Desweiteren wird die „Einheit zwischen StudentInnen und ProfessorInnen, die in diesem Semester zum ersten Mal seit langem gemeinsam demonstrieren“, beschworen. Es gab immer schon Profs, die mit Studierenden protestiert und demonstriert haben. Die Gründe dafür sind allerdings fast immer andere als die der Studierenden. (...) Leider streben die dogmatischen Studierenden-Verbände (MSB, SHB) immer noch solche „Hochschulbündnisse“ an und verkaufen damit ihre eigenen Ziele.

Zur Freude (fast aller) Asten gingen die Aktivitäten in diesem Wintersemester tatsächlich von der Basis aus. Aber: sie wurden von den Asten und Fachschaften strukturell, organisatorisch, informativ und finanziell unterstützt. Die Demo am 1.12.88 wurde vom Landesastentreffen NRW (LAT) organisiert und durchgeführt. Auch der studentische landesweite Kongreß zur Zukunft der Hochschule am 14./15.1.89 wurde vom LAT gestaltet.

(...) Wir fordern konkret: eine landesweite Kommission bestehend aus Studierenden, Lehrenden und Angestellten der Hochschulen (Drittelparität), Gewerkschaften und anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen, welche sinnvolle Strukturpläne ausarbeiten soll, bei denen Ziele wie Mitbestimmung, Interdisziplinarität, ökologische und Frauen -Forschung, Transparenz etc. berücksichtigt sind! (...)

Freia Rosenkranz, AstA-Vorsitzende der Heinrich-Heine -Universität Düsseldorf

(...) Wenn Euer Reporter zur von uns angesetzten Pressekonferenz gekommen wäre, hätte er erfahren, daß auch in Heidelberg bereits die inhaltliche und gesellschaftskritische Auseinandersetzung läuft. Gut, unser Streik wurde ausgesetzt. Aber ausgesetzt ist nicht abgebrochen. Wir sind jederzeit bereit und in der Lage, den Streik wieder aufzunehmen, wenn von seiten der Landesregierung und des Bundes keine Reaktionen kommen.

Die alternativen Seminare laufen weiter; hier setzen wir uns inhaltlich mit unseren Forderungen auseinander, um ihnen einen fundierten Hintergrund zu geben. Wir legen Wert auf die Feststellung, daß es uns nicht primär um's Geld geht. Wir unterziehen diese Gesellschaft einer fundierten Kritik und versuchen aufzuzeigen, welche fatalen Folgen die gängige (und zukünftige) Bildungspolitik für beinahe alle Schichten der Gesellschaft hätte. (...) Wir wollen aufzeigen, daß dieser Staat immer mehr Interesse an funktionalen, unmündigen Wesen hat. Die Zukunft gehört (wenn wir nichts dagegen unternehmen) dieser Art Menschen. (...) Deshalb fordern wir

-eine kritische, problemorientierte Universität. Die bestehenden Strukturen sind an kurzfristiger, wirtschaftlicher Verwertbarkeit orientiert. Forschung und Lehre dürfen nicht getrennt werden; die Uni muß diesem Zugriff der Wirtschaft entzogen werden.

-Wir stellen uns gegen die geplante Neutralisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften. Vielmehr sollen diese in Zukunft einen kritischen Gegenpol zur gängigen Forschungs und Technologiepolitik bilden und maßgeblich an der Veränderung der gesellschaftlichen „Werte“ mitwirken.

-In Baden-Württemberg müssen die rechtlichen und materiellen Voraussetzungen zur selbstbestimmten Artikulation unserer Interessen geschaffen werden. Die Mittel, dies zu erreichen, wären die verfaßte StudentInnenschaft mit Satzungs- und Finanzhoheit sowie allgemeinpolitischem Mandat.

-In einer Gesellschaft, die die Gleichstellung der Frau proklamiert, muß dies auch in der Praxis realisiert werden. Diskriminierung von Frauen spiegelt sich auch an der Uni wieder. Dies kann nur durch strukturelle Maßnahmen, wie Quotierung, Verankerung feministischer Forschung, Frauenförderplan, Frauenreferat etc. beseitigt werden. Der männliche Blickwinkel von Forschung und Lehre muß in Frage gestellt werden.

-Um unsere Interessen durchsetzen zu können, fordern wir die viertelparitätische Mitbestimmung in allen Gremien der Universität sowie die unabhängige Stellung der Universität in der Gesellschaft.

Von seiten der Medien erhoffen wir uns Unterstützung. Wie sonst soll man/frau das Bewußtsein dieser Gesellschaft verändern? Wir StudentInnen der Uni Heidelberg hätten uns besonders von einer sogenannten „linksalternativen“ Tageszeitung mehr Aufmerksamkeit und eine inhaltlichere Auseinandersetzung mit den StudentInnenprotesten gewünscht. (...)

StudentInnen der Uni Heidelberg