Rette sich, wer kann

■ Wenn das Radeln im Tiergarten erlaubt wird - was wird aus den FußgängerInnen?

Fahrradfahren im Tiergarten konnte bisher mit unangenehmen Erlebnissen „grüner“ Pädagogik verbunden sein. „Nun steigen Sie mal ab, schieben bis zum Schild, lesen sich's durch und kommen dann zurück zu mir“, gaben Polizeistreifen den falsch Radelnden mit auf den Fußweg. Das soll nach einem Beschluß des Bezirks Tiergarten nun anders werden. Alle Wege im Großen Tiergarten, die mindestens vier Meter breit sind, sollen bald für den Fahrradverkehr freigegeben werden. Sind lustwandelnde RentnerInnen dann das Freiwild für Mountain -Biker, das in die Beete geklingelt wird? Müssen Kinder und Hunde an die kurze Leine? Solche Befürchtungen hegen der alternative „Verkehrsclub Deutschland e.V.“ (VCD) und die Berliner Fußgänger-Lobby „Fuße.V.“. Sie kritisieren die „wahllose Freigabe“, die zu Lasten der FußgängerInnen ginge: „Fauler Kompromiß“. Der VCD schlägt stattdessen mehrere „Hauptdurchgangswege“ in allen Himmelsrichtungen vor, die nur von RadlerInnen benutzt werden sollen. Damit sollten Konflikte zwischen FußgängerInnen und RadfahrerInnen vermieden werden und das Spazierengehen kalkulierbar bleiben. „Lieber wenige Wege, aber dafür richtige“, meinte VCD-Sprecher Joachim Schmitt zur taz. Er kritisierte auch, daß die radelnden und gehenden Betroffenen nicht in die Entscheidung einbezogen worden seien. Bei der jetzigen Lösung sei mit einem hohen Beschilderungsaufwand und einer Fortsetzung von Ordnungsmaßnahmen der Polizei zu rechnen. Wenigstens bei der Umsetzung des Beschlusses sollten nun RadlerInnen und FußgängerInnen gehört werden. Auch „Fuß e.V.“ favorisiert „Durchgangsstraßen“ für die RadfahrerInnen. „Damit die beiden schwachen Verkehrsteilnehmergruppen auch miteinander können und einem nicht ständig die Angst im Nacken sitzt“.

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