Neuer Koalitionsknatsch in Berlin

Koalitionsessential KiTa-Streik /Mitgliederversammlung der AL für Fortbestand der Koalition aber für Konfrontationskurs bei KiTa-Streik / Senat soll mit streikenden Erzieherinnen verhandeln  ■  Aus Berlin Kordula Doerfler

Überrascht hat das niemanden: Auf ihrer Mitgliedervollversammlung am Samstag hat die Berliner Alternative Liste mit großer Mehrheit beschlossen, die rot -grüne Koalition fortzusetzen. Allerdings beschloß man auch, aus dem nunmehr sieben Wochen andauernden Streik in den städtischen Kindertagesstätten, in dem ÖTV und GEW vom Senat einen Tarifvertrag für den Personalschlüssel in den KiTas verlangen, ein Essential für den Fortbestand der Koalition zu machen. Der Senat wurde aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen Tarifverhandlungen aufzunehmen.

Zuvor hatten die ALerInnen eine eher resignierte Koalitionsbilanz gezogen. Bewegte sich vor einem Jahr bei dem überraschenden Zustandekommen von Rot-Grün eine Mehrheit der Parteimitglieder in einem euphorischen Taumel, ist von dieser Stimmung heute fast nichts geblieben. Bereits im Vorfeld der Mitgliederversammlung lagen zwei Anträge der Fraktion und des Geschäftsführenden Ausschusses (GA) vor, die empfahlen, die Koalition fortzusetzen. In dem einen Jahr sei es zwar nicht gelungen, die rechnerische in eine gesellschaftliche Mehrheit zu verwandeln, wurde in einer müden Diskussion zwar immer wieder beklagt. Andererseits könne man aber trotz aller Niederlagen auch auf die Erfolge verweisen und die schreckliche Alternative, die Maueröffnung unter einem CDU-Senat verkraften zu müssen. Trotz der zunehmenden Entfernung der Basis von den Funktions- und Mandatsträgern wurde die Empfehlung des Parteivorstands zur Weiterführung der Koalition von der großen Mehrheit der rund 600 Anwesenden Mitglieder angenommen.

Neben der Koalitionsbilanz stand die Deutschlandpolitik auf der Tagesordnung. Vermutlich aus Angst, der Streit um die eigene Position zur Deutschlandpolitik könne eine ähnliche Spaltung wie bei der Hamburger GAL herbeiführen, einigte man sich schließlich nach einer heftigen Debatte auf einen Kompromiß, dem auch der linke Flügel zustimmte: Ein Festhalten an der Zweistaatlichkeit, das bisher politisch gewesen war, sei von der aktuellen Entwicklung in der DDR aber überholt. Im Gegensatz zur Anschlußlösung über Artikel 23 des GG, wie sie die etablierten Parteien anstreben, will sich die AL für eine paritätisch besetzte verfassungsgebende Versammlung einsetzen.