SOS für die Sächsische Schweiz

■ Protestmarsch durch das Elbsandsteingebirge

Das Motto einer am 3.3 1990 am Elbkai von Bad Schandau veranstalteten Demonstration „Schutzgemeinschaft Sächsische Schweiz“ lautete SOS für die Sächsische Schweiz. Zu der Organisation gehören verschiedene lokale Natur-, Heimat- und Bergsteigervereine. Trotz starken Schneetreibens absolvierten etwa 500 Teilnehmer dieses Treffens einen dreistündigen Protestmarsch durch das Elbsandsteingebirge. Ihr Anliegen ist, diesen einzigartig schönen, als Naturreservoir und Erholungsgebiet bedeutenden Landschaftsteil Deutschlands vor weiteren Schäden durch Industrieabgase, Zersiedeln und Freizeitindustrie zu bewahren. Das Landschaftsschutzgebiet Sächsische Schweiz umfaßt 36.800 ha, davon sind 60 Prozent bewaldet. Auf Sandsteinfelsen wurzelnde Riffkieferwälder wechseln sich mit den Buchenwäldern der Basaltflächen ab. Mit etwa 12 Brutpaaren ist ein Viertel des gesamten Uhubestandes der DDR in der Sächsischen Schweiz beheimatet. Aber auch Schwarzstorch, Sperlingskauz, Wanderfalke und Luchs sind hier neben zahlreichen weiteren, zum Teil vom Aussterben bedrohten Tier und Pflanzenarten zu Hause.

Schon weisen etwa 13 Prozent des Waldbestandes starke, bis sehr starke Rauchgasschäden auf, 27 Prozent sind als mittelmäßig und die restlichen Prozente als schwach geschädigt einzustufen. Die Ursachen hierfür liegen u.a. in den Abgasen der im oberen Elbteil ansässigen Industrie.

Obwohl ein im Jahre 1978 gefaßter Beschluß jegliche private und betrieblich Neubauten im Landschaftsschutzgebiet untersagt, entstanden in der Vergangenheit trotzdem illegale Schwarzbauten. Dazu zählt das ehemalige Stasiheim Zeughaus, unmittelbar am großen Winterberg bei Zschand, wo sich mit 1090 ha das größte und wertvollste Naturschutzgebiet im Bezirk Dresden befindet. Um weitere Eingriffe in die Natur, wie z.B. durch privaten Autoverkehr zu minimieren, soll dieses Objekt künftig nur noch als Station des Naturschutzes und des Bergunfalldienstes genutzt werden.

Des weiteren wird ein Baustopp für das mitten im Landschaftsschutzgebiet liegende Pionierlager Papstdorf gefordert, wo zur Zeit gerade eine Großkantine für 1000 Personen errichtet werden soll. Auch deshalb, weil ein Ferienlager von solchen Dimensionen eher einer Kaserne, als einem Erholungsort für Kinder ähnelt, wird ein Begrenzen des Baus auf maximal 200 Plätze angestrebt. Ebenfalls muß der Bau des Asbest-Zementwerkes Porschdorf gestoppt werden, ein solch umweltbelastendes Industrieunternehmen ist mehr als fragwürdig - nicht nur in einem Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet.

Während in den vergangenen Jahren jährlich etwa 3 Millionen Touristen das Elbsandsteingebirge aufsuchten, wird in diesem Jahr mit der doppelten Anzahl gerechnet. Solange die Besucher diese schöne Landschaft in traditioneller Weise nutzen und die festgelegte Verhaltensordnung respektieren, muß dies keine Gefahr für die belebte und unbelebte Umwelt werden.

Anders ist das Projekt des ACZ Laugenwolmsdorf an bewerten, welches Hubschrauber-Rundflüge unterhalb der 50-Meter-Marke vorsieht. Dies würde ein Lärm- und Abgas-Streß für Mensch, Tier und Pflanze nach sich ziehen. Auch die beabsichtigten Drachenflüge vom Lilienstein sind ein Vergnügen für wenige auf Kosten der Umwelt.Der Lilienstein ist ein unersetzliches Auswilderungsgebiet für den Wanderfalken, es ist abzusehen, daß der scheue Vogel sich mit einem solchen Freizeitrummel nicht arrangieren kann.

Bereits vor über hundert Jahren fanden die ersten Proteste gegen das kommerzielle Erschließen und Übernutzen landschaftlicher Schönheiten statt. So gab es erstmalig im Jahre 1880 einen erfolgreichen Einspruch gegen eine Drahtseilbahn zur Bastei, auch der Bau einer Zahnradbahn zur Bastei konnte im Jahre 1896 verhindert werden, desgleichen ein elektrischer Aufzug 1902.

In den Jahren 1911, 1927 und 1930 wehrten die Sächsischen Natur- und Heimatfreunde erfolgreich den Bau von Seilschwebebahnen zum Lilienstein ab. Es waren vor allem die Mitglieder vom „Gebirgsverein Sächsischer Heimatschutz, welche so zum Bewahren der Landschaft beitrugen. An diese guten Traditionen knüpfend, hoffen die Mitglieder der „Schutzgemeinschaft Sächsische Schweiz“ mit ihrem Anliegen auch in der heutigen Zeit auf öffentliches Verständnis.

Iri Wolle