Ketzer und Clown

■ Am Mittwoch in der ARD: „Heut abend...“

„Ich war der Dümmste in der Klasse“, sagt Fuchsbergers Gast Wolf Biermann über seine Kindheit. Vielleicht einer der größten Dichter dieses Volkes; fast möchte ich schreiben DDR -Volkes, denn Biermann bekennt sich zu diesem Land. Er ist Gegener eines schnellen Anschlusses, wie er einst Befürworter einer deutschen Nation war. Er spricht viel und gern („Der eitle Künstler möchte sich spreizen“). Fuchsberger weiß das und läßt ihn gewähren, immer darauf bedacht, daß sich das Ganze nicht „in ein paar Späßen verliert“. Biermann ist ein Spaßvogel, glänzt mit Pointen. Ein Ketzer und Clown.

Fuchsberger entlockt ihm Stationen seines Lebens. Von zwei Kommunisten gezeugt, Halbjude, 16jährig 1953 von Hamburg in die DDR, „und sah, daß alles gut ist“, aber so war es nicht. Biermann lernte schnell. Von der Mathe „5“ in Hamburg zur Staatsexamen „1“ an der Humboldt-Uni. „Wie sich ein Mensch ändern kann, wenn er im Leben einen Sinn sieht.“ Wissen wurde ihm zum Verhängnis, die Erkenntnis mauserte sich zur Kritik.

Träume und Utopie hat sich Biermann trotz allem bis heute bewahrt. Fuchsberger schweigt und hört zu, „weil das, was Biermann sagt, wie ein Sekret aus einer Wunde kommt.“ Zwischendurch stutzt Biermann: „Ich rede zuviel.“ Aber da ist er dem „Fuchs“ schon in die Falle gegangen.

Martin Miersch