Heute quer durch Europa: Marianne Mulder, Stefan von Borstel: ""Jobben, leben, Sprachen lernen in Frankreich" / Lieselotte Sauer-Kaulbach: "Die ländliche Toscana" / Rudolf von Bitter: "Barcelona"

HEUTE QUER DURCH EUROPA...

In Verdun metzelten sich 1916 800.000 Deutsche und Franzosen gegenseitig nieder. Heute stehen die weißen Gräber United Colours of Benetton Modell. Pflichtbewußt pilgern jährlich Hunderttausende zur Maginot-Linie, dem 140 Kilometer langen Verteidigungswall gegen Hitler-Deutschland.

Es gehört zu den klugen Überraschungen des Frankreich-Buchs Jobben, leben, Sprachen lernen, daß es zur „Einstimmung“ auf das Nachbarland ein Schlaglicht auf dieses Geschichte gewordene Grauen wirft. Ansonsten ist das Buch vor allem praktisch und informativ. Von der Reisecheckliste („Brustbeutel“, „Blutgruppenausweis“, „Ersatzbrille“), Tips für behinderte Menschen, Adressen von billigen Übernachtungsmöglichkeiten bis zu Sprachreisen und Workcamps findet sich alles auf knapp 240 Seiten. Das Pocketbuch ohne typographischen Schnickschnack taugt als erweitertes, jedoch nicht immer übersichtliches Adreßbuch vor allem für Jugendliche, die gerne eine Spritztour wagen wollen.

Auch der neue DuMont Kunst- Reiseführer Die ländliche Toscana — Entdeckungsreisen abseits der bekannten Routen schafft es, alle Abwege, Untiefen und unvorhergesehenen Naturereignisse rechtzeitig aus dem Weg zu räumen. Lieselotte Sauer-Kaulbachs akribisch recherchiertes Textbuch muß jedem Oberstudienrat eine wahre Herzensangelegenheit sein. Schließlich will er ja wissen, warum er „der Kunst halber“, den kleinen Umweg (1,5 km) von Greve in das benachbarte Montefioralle, Ursprungsort der Familie Vespucci, machen muß, damit er in der Kirche S. Stefano eine „Madonna mit Kind und Engeln“ des Maestros di Greve (13. Jh.) bewundern muß, beeinflußt von Neri di Bicci und Andrea del Castagno... Fehlt nur noch, daß mir Frau Sauer-Kaulbach vorschreibt, vor welcher Putte ich am besten mein Schwarzbrot mit Mozzarella und Tomaten auszupacken habe.

Am Express-Reisehandbuch Barcelona interessiert mich nur Antoni Gaudis aufgemotzte Kathedrale der Sagrada Familia. Daneben vielleicht noch Lluis Domenech i Montaner, auch ein Architekt des „modernismo“ (besserer Jugendstil). Bei Gaudi ist Jesus ziemlich nackt und überhaupt mehr Sehne als Metaphysik. Des Meisters Konstruktionen leben von verschränkten Säulen, zeltartigen und asymmetrischen Decken, einer Anspielung an versteinerte Organe. Aber natürlich bietet das Buch noch viel mehr über die Eigenheiten dieser stolzen katalanischen Stadt. Da ist es verzeihlich, daß es den einzigen Albino-Gorilla vergißt, wie er weiß und alt im örtlichen Zoo auf seiner Stange sitzt. Mirjam Schaub

Marianne Mulder, Stefan von Borstel: „Jobben, leben, Sprachen lernen in Frankreich“, Cornelsen-Scriptor, 239 Seiten, 24 Mark.

Lieselotte Sauer-Kaulbach: „Die ländliche Toscana“, DuMont Kunst-Reiseführer, 360 Seiten, 44 Mark.

Rudolf von Bitter (Hrsg.): „Barcelona“, Express-Reisehandbuch. Mundo, 422 Seiten, 39 Mark.