Ehrengericht der Psychologen

■ Unseriöse Therapeuten straft die Standesvereinigung / Patienten können diese Instanz anrufen

/ Patienten können diese Instanz anrufen

Ratlosigkeit, Verunsicherung und Hilflosigkeit empfinden Personen, denen in der Psychotherapie arge Zweifel kommen. Eine Instanz, die sich mit Grenzfällen aller Art im therapeutischen Gewerbe beschäftigt, ist die Hamburger Clearingstelle. Dort sitzt Manfred Bogun, Vorstandsmitglied des Bundes deutscher Psychologen (BDP, 52712588), und nimmt die Beschwerden von KlientInnen entgegen. Je nach Sachlage und Schwere berät er entweder telefonisch oder leitet den Fall an das Ehrengericht des BDP weiter.

Keinen Fall für das Ehrengericht sieht er zum Beispiel, wenn ein Therapeut seine Klientin bitten würde, einen Brief für ihn einzuwerfen. Auch bei dem Versuch des Therapeuten, die abgesprochene Stundenzahl zu überschreiten, weil noch mehrere Sitzungen nötig seien, rät Bogun noch nicht zum Abbruch der Therapie. Hier wie im zuvor genannten Fall sei es nur „notwendig, daß sich die Klientin vom Therapeuten abgrenzt“, wenn sie dessen Forderungen nicht entsprechen will. Therapie-Abbruch und die Verhandlung vor dem Ehrengericht stellen für ihn das letzte Mittel bei einer „fehlgelaufenen Psychotherapie“ dar.

Das Ehrengericht befaßt sich mit Vorkommnissen, die als schwerwiegend eingestuft werden, sei es „Fehlverhalten von Kollegen“ (Bo-

1gun) oder Schummeleien bei der Abrechnung mit den Krankenkassen. Das Gros der jährlich rund 25 Fälle, die vom BDP-Gericht als behandlungswürdig eingestuft werden, betrifft Abrechnungsformalia. Nur etwa sieben Fälle drehen sich um sexuellen Mißbrauch in der Therapie, in circa drei Fällen handelt es sich um Situationen des Machtmißbrauchs von Therapeuten. Es scheint, als sei der BDP eher um Seriosität gegenüber Krankenkassen bemüht als um die Probleme der KlientInnen.

Das Ehrengericht besitzt zwar nicht die gleiche Tragweite wie ein staatliches Gericht, kann aber doch empfindliche Sanktionen verhän-

1gen. Die gesprochenen Urteile reichen von Verwarnungen und Verweisen über Geldbußen bis hin zum Ausschluß aus dem BDP. Das hört sich zunächst nicht so dramatisch an, kann aber zum finanziellen Ruin einer therapeutischen Praxis führen, wenn diese hauptsächlich über die Krankenkasse abrechnete. Ein Ausschluß aus dem Psychologen- Verband bedeutet nämlich, daß der Zusatz „klinischer Psychologe nach BDP“ entfällt, und damit auch die Vereinbarung bezüglich der Abrechnungsmöglichkeit zwischen dem BDP und den Krankenkassen null und nichtig wird.

Hier offenbart sich auch die Grenze des Machbaren für das Eh-

1rengericht. Der erste Vorsitzende, Professor Arndt Teichmann, weiß, daß zwar „Zivilverfahren zum Teil solange ausgesetzt werden, bis das Urteil vom Ehrengericht gefällt wurde“, und dieser richterliche Spruch auch von den staatlichen Gerichten anerkannt wird, aber das BDP-Gericht kann nur dann etwas erreichen, wenn der Beschuldigte bislang BDP-Mitglied war. Bei allen anderen PsychologInnen, ob diplomiert oder nicht, kann der Verband nichts unternehmen. Solche Leute dürfen weiterhin zum Beispiel Klientinnen mißbrauchen, Wucher- Abrechnungen verlangen und den lieben Gott einen guten Psychologen sein lassen. Greta Eck