Im Tal der Augen

■ Das Lichtmeß zeigt morgen abend eine Werkschau von Lutz Dammbeck Film-Kunst im Spannungsfeld von Freiheit und staatlicher Überwachung

Film-Kunst im Spannungsfeld von Freiheit und staatlicher Überwachung

„Hang ten“ ist der Gruß der Surfer in Californien und zugleich Titel einer Reihe, in der das Lichtmeßkino zur Zeit Kunstfilme, Filme über und von Künstlerinnen und Künstlern zeigt. Lutz Dammbeck, Maler und Grafiker aus Leipzig, füllt mit seinen Filmen die ganze Bandbreite diese Palette aus, finden sich in seiner Filmographie doch sowohl Experimental- wie Animationsfilme und auch Dokumentarbeiträge über Künstler. So zeigt er in Metamorphosen von 1978/79 reale Bilder einer S-Bahnfahrt, vor die sich Zeichnungen schieben, sich verwandeln und wieder verschwinden. Dabei tauchen zwei Symbole auf, die sich auch in anderen Filmen Dammbecks wiederfinden: der Vogel als Zeichen der Freiheit und das Auge, Symbol der Überwachung. Zwei für die Kunst der DDR - bis 1986 Dammbecks Heimat - charakteristische Themen.

Der Animationsfilm Einmart von 1980/81 schildert in surrealistischen Bildern den Versuch, aus einem von riesigen Augen überwachten Land in ein Traumland zu fliehen, wo die Menschen frei sind, sich ohne Flügel durch die Lüfte zu bewegen. Mit viel Kraftaufwand gelingt es der Figur, sich aufzurichten, erklimmt sie die Mauer, von der aus sie in das gelobte Land schauen kann, schafft den Absprung jedoch nicht und stürzt zurück auf die Seite der tausend Augen.

Der Dokumentarfilm Der Maler kam aus fremdem Land... erzählt von den Erfahrungen von Künstlern, die aus der DDR nach Westdeutschland gezogen sind und ist somit zugleich eine Reflektion der eigenen Lebenssituation des Regisseurs. Sehr unterschiedlich sind die Empfindungen der ehemaligen Kollegen. Beschreibt der Maler Hans-Hendryk Grimmling sein Gefühl, daß die Mauer immer noch präsent sei, sozusagen in ihm selbst verankert, so hat Cornelia Schleime die neue Freiheit als „ein absolut gutes Gefühl von Raum“ empfunden. Schwierigkeiten mit dem Einfluß der Industrie auf die Kunst haben beide. So kann die Künstlerin nicht mehr an einem Projekt weiterarbeiten, sobald sie merkt, daß dieses verwertbar wird.

Der Film endet mit einem kurzen Bericht über die erste Ausstellung Dammbecks in Hamburg, Herakles Höhle, zugleich Titel einer Filmcollage aus dem Jahr 1990. In gemalten und projizierten Bildern wird über Gehorsam und Ungehorsam, die Repräsentanten der Macht von früher und heute und über das Medium Film reflektiert, indem die Szenen mit einem Märchen von den Gebrüdern Grimm und dem Text Herakles von Heiner Müller unterlegt werden. Eine Sequenz über den Lieblingsbildhauer des Dritten Reichs Arno Breker bildet den Übergang zu Dammbecks neuestem Film Die Zeit der Götter, der im Oktober in Hamburg starten wird. Babette Schröder