Messe-Eröffnung mit Mißtönen

Betriebsräte kritisieren  ■ Weiterbildungsmesse : AfG-Kürzung zu wenig beachtet / Behörde: Das stimmt nicht

Soll man, oder soll man nicht? Eine große Weiterbildungsmesse im Zentrum der Hansestadt zelebrieren, während gleichzeitig ein Teil der Träger durch die Bonner Kürzungen vom Ruin bedroht ist? Man soll nicht, jedenfalls so nicht, befanden die Betriebsräte von rund 20 Weiterbildungsträgern. Und folgten Schulsenatorin Raab mit zwei Särgen — einem für die Fortbildung, einem für die Umschulung — ins Innere der Messehallen, nachdem diese für die Fotografen ein paar Weiterbildungs-Luftballons in den Himmel entsandt hatte.

Doch drinnen nahm die Senatorin den Protestlern erstmal den Wind aus den Segeln. Wer bei der Weiterbildung kürzt, gefährde den Wirtschaftsstandort Hamburg, sagte Rosemarie Raab. Gerade angesichts der Bonner Sparbeschlüsse käme der Messe eine ursprünglich nicht eingeplante Aufgabe zu: ein Forum zu sein für ein breites Bündnis gegen eine arbeitsmarktpolitisch kurzsichtige Rotstiftpolitik.

Forum? Bündnis? Nachdem die Senatorin — gefolgt von Bischöfin Jepsen und Uni-Vize-Präsidentin Vogel — den „Vip“-Rundgang beendet hatte, blieben die trauernden Betriebsräte unter sich. „Daß die Messe F(ortbildung) und U(Umschulung) nicht zum Thema hat ist wirklich grotesk“, kritisierte Roland Kohsiek vom Berufsbildungswerk des DGB auf einer anschließenden Podiumsdiskussion im vertrauten Kreis. Das ganze sei nur noch ein Verteilen von Hochglanzbroschüren von Trägern, von denen es viele bald nicht mehr gebe.

„Hier kommen kaum potentiellen Teilnehmer, hier trifft sich die Weiterbildungsszene“, sagte Roland Peipe vom Betriebsrat der FAA, einem Träger, in dem die Hälfte der Beschäftigten um ihren Job bangt. Die Veranstaltung sei „scheinheilig“, da es hinter den Kulissen einen Verteilungskampf um die letzten Mittel gebe. Im Auftrag der Nürnberger Bundesanstalt habe das Hamburger Arbeitsamt eine Liste der Träger erstellt, die erhalten bleiben sollen. Statt der 138 vom letzten Jahr sind nur noch knapp 20 Millionen Mark zu verteilen.

Die Grone-Schule zum Beispiel wird in diesem Jahr statt der erwarteten 1800 nur rund neue 100 Umschüler haben, berichtete Betriebsrat Norbert Schlichting. Die Geschäftsleitung hat Kurzarbeit angemeldet. Hamburgweit seien 600 bis 700 Ausbilder und Sozialarbeiter von Entlassung bedroht.

Christoph Ehmann, der als Lei

1ter des Amtes für Weiterbildung die Messe organisiert hat, findet die Kritik nicht berechtigt. „Selbstverständlich steht die Veranstaltung unter dem Zeichen der AfG-

1Kürzung“. Nur seien gut 90 Prozent der Aussteller — die politische Weiterbildung, die Sprachschulen, die Volkshochschulen und viele mehr — von dieser Kürzung

1nicht betroffen. Ehmann: „Keine Frage, die AfG-Kürzung ist eine schlimme Sache. Aber vielleicht darf man trotz alledem noch Weiterbildung machen“. kaj