„Asylkompromiß“ löst Traumata aus

■ Folteropfer-Zentrum: Vergewaltigung muß Asylgrund sein

Sexuelle Mißhandlungen endlich als Asylgrund anzuerkennen, hat die Leitung des Behandlungszentrums für Folteropfer anläßlich der Wiener Weltmenschenrechtskonferenz gefordert. Diese Form der Folter habe die einschneidendsten psychischen Schäden zur Folge. Christian Pross, Arzt und Geschäftsführer des Zentrums, das seit 1992 im Klinikum Westend arbeitet, protestierte zugleich gegen die Asylrechtsänderung. Damit würden die humanitären Bekundungen der Bundesregierung unglaubwürdig.

MitarbeiterInnen berichteten, daß die PatientInnen des Zentrums über die fremdenfeindlichen Verbrechen nicht nur „sehr beunruhigt“ seien, sondern manche auch unter einem Wiederaufleben traumatischer Erlebnisse leiden. Drohende Abschiebungs-Szenarien lösen ähnliche Krisen aus. „Wir stehen als Therapeuten ohnmächtig vor einer Situation, die wir nicht verantworten können“, denkt die Ärztin Hannelore Burmeister über die Lage nach der Asylrechtsbeschränkung.

1992 kam der größte Anteil der PatientInnen aus der Türkei, die meisten waren Kurdinnen. Auch Nahost-Staaten und Südosteuropa sind stark vertreten. Die zweitgrößte Gruppe waren ostdeutsche Stasi-Opfer.

Von den rund 260 Personen, die das Zentrum bis heute – stets ambulant – betreut hat, sind zur Zeit 60 noch in Behandlung. Dahinter verbergen sich nicht nur erfolgreiche Therapien. „Viele haben wir durch Umverteilung in andere Bundesländer verloren“, berichtete Hannelore Burmeister.

Der Anteil der anerkannten AslybewerberInnen unter den PatientInnen sei „erschreckend gering“. Es waren nur 5,6 Prozent. Fast die Hälfte der Betroffenen wartete noch auf die Entscheidung ihr psychischer Zustand sei deutlich labiler; einige seien von Abschiebung bedroht.

Vergleichbare Einrichtungen seien nicht ausreichend vorhanden, denn „etwa jeder vierte Flüchtling, der nach Deutschland kommt, ist gefoltert worden“, schätzt der Arzt Sepp Graessner. Matthias Fink