It's legalized!

■ Kinderschule Bremen: "entfant terrible" der Bildungslandschaft wird staatliche Modellschule

It's legalized!

Kinderschule Bremen: „enfant terrible“ der Bildungslandschaft wird staatliche Modellschule

Noch 1987 flatterten den Eltern ständig Bußgeldbescheide wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht ins Haus: 13 Jahre lang lief der Schulbetrieb der freien „Kinderschule“ am Körnerwall ungenehmigt. Jetzt wird das „enfant terrible“ der Bremer Bildungslandschaft staatliche Modellschule.

Nach einer unendlichen Geschichte mit Anträgen auf Anerkennung als Privatschule, Ablehnungen, Widersprüchen, einer Klage beim Verwaltungsgericht und einer Schließungsverfügung als härtestes Geschütz hat der Senator für Bildung und Wissenschaft das freie, selbstverwaltete und antiautoritäre Schulprojekt zum Schuljahr 1993/94 in das öffentliche Schulsystem aufgenommen. Das war in den Koalitionsverhandlungen vereinbart worden.

Schule anders: Jeden Morgen um 9 Uhr treffen sich die derzeit 38 Kinder zur morgendlichen Besprechung im Toberaum — die halbe Stunde, die von Kindern geleitet wird, ist ein Forum für alles: für Träume der letzten Nacht, die Suche nach verlorenen Sachen, Konflikte, und wer fährt heute mit dem Fahrrad zum Schwimmen? Danach gibt es eine Stunde lang „Kulturangebote“ — und das heißt Lesen, Schreiben, Rechnen. Wer Lust hat, macht mit, wer nicht, eben nicht. Anschließend entscheiden die Kids darüber, ob sie an Angeboten wie Garten, Zirkus, Experimentieren, Kochen oder Stadterkundung teilnehmen — und ob sie es mit oder ohne die fünf Erwachsenen tun. Das alles findet in drei altersübergreifenden Gruppen (4-6, 6-8, 8-10 Jahre) statt. Oder auch völlig gemischt. Und an einem Tag in der Woche völlig entmischt: dann ist nämlich Mädchen- und Jungentag — auf Wunsch der Mädchen eingeführt, von den Jungen nach harter Überzeugungsarbeit mittlerweile mehr als nur akzeptiert.

„Wir machen keine Unterscheidung zwischen Spielen, Leben und Lernen; das ist für uns eine Einheit“, sagt Detlef Papke, seit 10 Jahren Lehrer an der „Kinderschule“. Genug gelernt wird offensichtlich trotzdem — und nicht „nur“, Verantwortung zu übernehmen, sagt die „Ehemaligen- Mutter“ Sabine Bütow, deren Kinder mittlerweile auf die Gesamtschule Mitte gehen. „Die Kinder haben einfach gelernt, wie man lernt. Und ich habe im Laufe der Zeit Vertrauen bekommen in ihre Art zu lernen.“

Das Konzept der „Kinderschule“ ist nun von der Schulbehörde als „reformpädagogischer Ansatz“ anerkannt, der „das Lernen vom Kinde aus als wesentlichstes Element definiert“. Die „Kinderschule“, die im nächsten Jahr in einen Pavillon der Schule Lothringer Straße umziehen wird, soll ein staatliches Untersuchungsfeld zu Fragen der gewaltfreien Schule, der geschlechtsspezifischen Sozialisation und der Zusammenarbeit von Eltern an Erziehungs- und Unterrichtskonzepten werden. Pädogogisch reinreden will die Behörde aber nicht. Frau Kaiser