■ Gastkommentar
: Was tröstet Klaus?

Er soll recht gelassen sein und mit Ruhe in den Urlaub fahren, während seine Ampelpartner, mal ratlos mal wütend, Fassungslosigkeit zeigen. Was tröstet Klaus Wedemeier? Gewiß, das Ampelende ist für ihn jetzt keine persönliche Katastrophe mehr. Ist das aber Trost genug, wenn man unversehens in einen Hinterhalt von einem halben Dutzend Heckenschützen gerät? Die Nervenstärke des Bürgermeisters rührt wohl eher daher, daß er anders als seine grün-gelben Freunde gewußt hat, was passieren würde. Wedemeier ist ganz gewiß nicht der Dummkopf, der man sein muß, um von der sozialdemokratischen Ampelzerstörung überrascht zu werden. Der Bürgermeister hat ganz im Gegenteil das Seinige dazugetan, damit es so weitkommen konnte. Selbstredend hat er genau gewußt, was ein vom sogenannten Exilsenat protegierter Kunick als Landesvorsitzender bedeutet. Schließlich ist auch naiven Geistern klar, daß Kunick und Genossen für Große Koalition stehen.

Wedemeier hat im Duell Kunick-Pensky gegen die Frau gestanden, die sich entschieden für den Ampelerhalt ausgesprochen hatte. Obwohl er gelegentlich und eher beiläufig erklärt, er wolle mit der Ampel weitermachen, geht Wedemeier einem Bündnis mit der Ampelhälfte seiner Partei aus dem Weg. Er schaut zu, wenn im Bremer Westen mit Kunicks Billigung an seinem Ende gestrickt wird. Wo jeder Spitzenkandidat Putschisten und Verschwörern in den eigenen Reihen hart entgegentreten würde, läßt Bremens Bürgermeister die Milde walten. Daß Grobecker das Ende der Ampel und also den Sturz Wedemeiers will, besprechen beide freundschaftlich miteinander. Fast hat es den Anschein, als verabredeten sie die zumutbarste Art, das Rathaus zu verlassen.

Die Hemelinger Marsch war seit langem als Krisenpunkt in der Koalition erkennbar. So dilettantisch kann kein Regierungschef sein, wie Wedemeier diesen Konflikt gehandhabt oder besser nicht gehandhabt hat. Seit Beginn der Ampel schwelt dieser Streit zwischen Grünen und FDP. Wedemeier läßt zu, daß alle für Konfliktmanagement unzuständigen Köpfe, sich öffentlich verbreiten, zuletzt noch Kröning in der FAZ, macht selber aber nichts, wohlwissend daß Moderation nicht ausreicht. Als schließlich dann der Mißtrauensantrag gegen Fücks steht, überläßt Wedemeier das Krisenmanagment im Parlament vertrauensvoll Claus Dittbrenner, der doch sein und der Ampel Ende will und sich am liebsten selbst im Rathaus sähe.

So kommt es wie es kommen muß, obwohl inzwischen stadtbekannt ist, daß die Ampelgegner der SPD gewaltig wühlen, damit Fücks der Boden unter den Füßen schwankt, verabredet Dittbrenner interfraktionell, daß über den Mißtrauensantrag in der Bürgerschaft nicht gemäß Geschäftsordnung abgestimmt wird. Verführe man nämlich nach der, gäbe es keine geheime Abstimmung. Daß Dittbrenner hier eine Schweinebuckelei ausheckt, weiß natürlich Wedemeier, der seinen Dibbi zur Genüge kennt. Er läßt es laufen.

Aus all dem folgt: Entweder kann Wedemeier nicht mehr dagegenhalten und taumelt, oder er kennt das Drehbuch für sein Ende und nimmt die Rolle an, die ihm dort zugedacht ist – nämlich ohne große Gegenwehr an Ampelschwierigkeiten zu scheitern. Vielleicht stimmt beides. Und Bremen hat einen Bürgermeister, der nicht mehr will, weil er nicht mehr kann und auf ein gnädiges Ende hofft. Vorerst jedoch gibt's dafür keine Chance. Sollte es noch einmal zu einem Mißtrauenanstrag kommen, wird gemäß Geschäftsordnung abgestimmt. Trotz aller Kungelei: Es reicht, wenn nur ein einzelner Abgeordneter fordert, nach Geschäftsordnung zu verfahren. Und so einen gibt's bestimmt beim nächsten Mal. Horst-Werner Franke