Vom Schlauchboot aus nur schwer erkennbar

■ betr.: "Wer schreibt die Rezepte?", taz vom 5.6.93

betr.: „Wer schreibt die Rezepte?“, Ökolumne von Thilo Bode, taz vom 5.6.93

Greenpeace geht in Schlauchbootten und auf Schornsteinen verdienstvollen Aktivitäten im Sinne der ökologischen Aufklärung nach. Deshalb ist es verzeihlich, daß auf dem Gebiet der programmatischen und konzeptionellen Arbeit von Greenpeace nichts zu vernehmen ist.

Nun behauptet der Greenpeace-Geschäftsführer Bode in einer Mischung aus Arroganz und Ignoranz, alle Parteien – die Sozialdemokraten und die Grünen eingeschlossen – hätten zur ökologischen Wende nur dürftige programmatische Vorschläge vorgelegt. Den Grünen unterstellt Bode in seiner Ahnungslosigkeit gar, sie hätten „bisher außer einer Benzinverteuerung um eine Mark auch nur ein aus einer Energiesteuer finanziertes staatliches Investitionsprogramm zu bieten“.

Dem Greenpeace-Mann sei unter anderem die Lektüre des 1990 aktualisierten Umbauprogrammes der Grünen empfohlen, in dem für alle ökologisch bedeutsamen Sektoren eine Fülle detaillierter Vorschläge entwickelt worden sind. Auch das Konzept der Grünen „Umweltpolitik mit Umweltabgaben“ ist Ausdruck einer sehr differenzierten Programmatik. In ihm werden mehr als ein Dutzend Umweltsteuern und -abgaben analysiert und vorgeschlagen. Es sei noch an das Klimaschutzprogramm, das grüne Energiewende- Szenario 2010, das Programm „Wirtschaftliche und ökologische Alternativen für die neuen Bundesländer“ und die zahlreichen konzeptionellen Arbeiten der (alten) Bundestagsfraktion der Grünen erinnert.

„Wer schreibt die Rezepte?“, fragt der ahnungslose Greenpeacler. Sie sind weitgehend geschrieben, aber zugegebenermaßen von Schlauchbooten aus nur schwer zu erkennen. Das Problem ist die praktische Umsetzung ökologischer Konzepte angesichts mächtiger Wirtschaftsinteressen, träger Bürokratien und traditionalistischer Konsumentenbedürfnisse. Doch das ist ein anderes Thema! Wolfgang Bayer, Bonn