■ Mit neuen Mauern auf du und du
: Osteuropa stürzt ab

Budapest (taz) – Die Krise der osteuropäischen Volkswirtschaften hält an. Allerdings wird dabei die Spaltung in zwei Gruppen immer offensichtlicher und drastischer. Zu diesem Schluß kommt ein Bericht des renommierten ungarischen Wirtschaftsforschungsinstitutes Kopint-Datorg, der kürzlich in Budapest vorgestellt wurde.

In Polen, Tschechien, Ungarn und Slowenien, dauert die Rezession zwar an, doch scheinen diese Länder ihre Ökonomie in absehbarer Zeit stabilisieren zu können.

Nicht absehbar ist ein Ende der Krise hingegen in Rumänien, Bulgarien, Albanien, den exsowjetischen Republiken und den anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten. Zwischen den beiden Gruppen steht die Slowakei.

In Polen ist das Bruttosozialprodukt (BSP) im letzten Jahr zwar um zwei Prozent gewachsen. Über eine wirkliche Wende zu sprechen, so der Bericht, wäre aber noch zu früh, da Inflation und Arbeitslosigkeit weiter anstiegen und die politischen Verhältnisse unsicher seien. In Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Slowenien hat sich die wirtschaftliche Stagnation zwar verlangsamt. Ungarn kämpft jedoch mit einem Hyperdefizit im Staatshaushalt, einer Exportflaute und hoher Arbeitslosigkeit.

Die günstigen ökonomischen Tendenzen in der einstigen ČSFR sind laut dem Bericht durch die Spaltung des Landes abgeschwächt worden. Vor allem für die Slowakei läßt sich nicht sagen, wann die Rezession enden wird.

Slowenien konnte seine Währung stabilisieren und die Exporte ausweiten, eine Reihe von Wirtschaftsreformen wie die Privatisierung stehen aber noch ganz am Anfang.

Alle anderen Länder befinden sich laut dem Bericht wirtschaftlich im freien Fall. Rumänien, wo das Sozialprodukt 1992 um 15 Prozent sank, zehrt fast nur noch von seinen bescheidenen Reserven. Um 13 Prozent schrumpfte das BSP im letzten Jahr in Bulgarien; in den ehemaligen Sowjetrepubliken waren es durchschnittlich gar 20 Prozent. Vorherrschend, so der Bericht, seien in diesen Ländern weder plan- noch marktwirtschaftliche Bedingungen, sondern eine Mafia-Wirtschaft.

„Den offiziellen und inoffiziellen Optimismus, der in diesen Ländern an Boden gewinnt und von einem Anhalten der Rezession am Jahresende spricht“, so die Autoren, „teilen wir nicht. Die Zerrüttung geht weiter.“ Keno Verseck