Hochpotenziert amerikanisch

■ American Footballcracks der Silver Eagles am Sonnabend von den Cologne Crocodiles gerupft und geschlagen

„Hämbörg-silwa...“, dröhnte es aus den Lautsprechern im Volksparkstadion, „iiiiigls“, piepste es aus 8700 weit geöffneten Fankehlen zurück. Die Anwesenden pilgerten an den Stadtrand, um sich von ihren Adlern mit Touchdowns, Conversions und Fieldgoals füttern zu lassen. Satt jedoch, das sei vorweg bemerkt, wurden die Getreuen der Silver Eagles während der gut zweistündigen Football-Bundesligapartie der Nordstaffel am Sonnabend nicht. Die Leckerbissen wurden den Hamburgern in ihrem vorletzten Saisonheimspiel von den Cologne Crocodiles vor dem Helmvisier weggeschnappt.

Wie gut, daß die gerade wiederaufgestiegenen Eagles schon vor der Begegnung mit den Kölnern das Play Off sicher erreicht hatten und die Fans nicht nur zum Footballgucken, sondern auch zum Suhlen in den Quellen der amerikanischen Oase gekommen waren. Denn dieses Ambiente, in dem sich ein echter Ami wie ein Chinese in einem hiesigen Chinarestaurant gefühlt haben muß, und das mexikanische Bier im sonst alkoholfreien Stadion halfen den meisten, die Niederlage vergnüglich zu transzendieren.

Hochpotenziert amerikanisch ging es zu in Stellingen. Kaum einer war hier über 30, Stirnlocken und mit goldenen Gummis festgezurrte Pferdeschwänze wippten unter Baseballkappen hervor und die Hacken der Boots, das war obligatorisch, waren abgesägt. Die Jüngsten hatten Barbies oder Matchboxautos dabei, die wenigen älteren Männer sahen aus wie Fernfahrer, die die umliegende Betonwüste des leeren Stadions nicht wirklich schlimmer fanden, als den Highway to Hell.

Da der Rasen des kuscheligen heimatlichen Victoria-Stadions einer zweiwöchigen Rekonvaleszenz unterliegt und auch der des Wilhelm Koch Stadions pflegebedürftig ist, mußte an den übergroßen Volkspark ausgewichen werden. „Auf der anderen Feldseite hat man leider gar nichts von den Fans gehört“, beschreibt Adler-Pressereferent Edwin Feindt treffend das einsame Gefühl, welches die Cheerleader der Kölner an eben diesem Platz beschlichen haben muß. Die Leader der Gäste, die wie ihre Hanseatischen Kolleginnen auf der publikumsnahen Seite Spieler und Fans mit Cheers genannten gymnastischen Tanzeinlagen und gerufenen Chants anzufeuern haben, waren von der Haupttribüne in ihren gelb-grünen Kostümen kaum vom Rasen zu unterscheiden. Der Überlegenheit ihrer Equipe tat dies keinen Abbruch. In den auswärtigen Reihen brillierte vorallem der Amerikaner Michael Davis. Er war für die Kölner an diesem Tag mal wieder so wertvoll, wie Joe Montana in den Achtzigern für die 49er aus San Franzisko.

Souverän instruierte der spielmachende Quarterback seine zehn Mitspieler in den Huddles, den Kurzabsprachen auf dem Feld und verteilte die eiförmige Pille so geschickt, daß Bill Shipman schier verzweifelte: „Nach dem zweiten Viertel wollte ich am liebsten nach Hause fahren.“ Später ergänzte der 67jährige Eagles-Coach fast neidlos, daß ein professioneller „coaching-staff“ den eleganten Intelligenzkick der Tabellenführer erzeuge. Um mit diesem Stab zu konkurrieren reichen selbst die in amerikanischen Gefilden gesammelten Erfahrungen aus 43 shipmanschen Trainerjahren nicht aus. 7: 17 stand es zur Pause. Danach wurde es ganz bitter für die Silberlinge. Zwei sechs Punkte bringenden gegnerischen Touchdowns und zwei erhöhenden Extra Points konnten die Eagles Null entgegensetzen. Wuselig und unüberlegt blieben sie im Gerangel stecken. Der mit Ball erlaufene oder durch Pässe erspielte Raumgewinn, das Nonplusultra im Football amerikanischer Varianz, wurde den Adlern durch geschicktes Blocken und Umreißen ihrer Running-Backs von den Krokodilen verwehrt. Im letzten Abschnitt gelang dem 25jährigen Arne Finze noch ein ansehnlicher Sprint mit nachfolgendem Touchdown plus Erhöhung. Macht sieben Punkte für die Ehre der Adler und 14:31 Endresultat.

Claudia Thomsen