Der Umweltbus kriegt Kinder

■ Mobile Problemstoffsammlung wird auf 150 Standorte ausgeweitet    Von Marco Carini

Sie sind dem Papa nicht gerade aus dem Gesicht geschnitten. Die Statur ist kantiger, der Wuchs kleiner und sie besitzen keinen eigenen Antrieb, um zur Arbeit zu kommen. Doch wenn für sie heute um 14 Uhr der „Ernst des Lebens“ beginnt, werden sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten und sich um den Müll der Wohlstandsgesellschaft kümmern: Der Umweltbus hat Kinder bekommen, zwei nagelneue Container für die mobile Sammlung von Problemstoffen.

Big Daddy sammelte auf seiner Tournee durch die Hamburger Stadtteile allein im vergangenen Jahr 1,15 Millionen Kilogramm Problemabfälle. Darunter 850.000 Kilo Lacke, Farben, Kleber und Lösungsmittel und knapp 18.000 Kilo Batterien. Keine große Menge im Vergleich zu Hamburgs gesamtem Hausmüllaufkommen, doch der giftige Problemmüll belastet, wird er nicht aussortiert und speziell entsorgt, auch in kleinen Mengen die Atemluft und das Grundwasser besonders stark.

Mit den beiden weiß lackierten Containern (Anschaffungspreis je 110.000 Mark), die eine schicke gelbe Bauchbinde ziert, soll die Problemstoffsammlung nun weiter ausgebaut werden. Statt 120 Standorte im gesamten Stadtgebiet werden in Zukunft 150 Plätze angefahren. Und das statt zweimal jährlich nun sogar viermal per anno (Termine unter der Telefon-Nummer 25113351). In den zeitlichen Zwischenräumen nehmen daneben weiterhin die elf Recyclinghöfe der Hansestadt die besonders gefährlichen Zivilisationsreste entgegen.

Ein Teil der Abfälle, etwa Fotochemikalien und Leuchtstoffröhren, wird dem Recycling zugeführt, Batterien deponiert, der Großteil aber in speziellen Sondermüllverbrennungsanlagen durch den Schornstein gejagt. Die Sammlung und „Entsorgung“ der Problemabfälle ist teuer: Fünf Mark pro Kilo kostet sie die Stadtreinigung im Schnitt, oft mehr als der Neuwert.

Umweltsenator Fritz Vahrenholt fordert deshalb, die hohen Entsorgungskosten auf den Verkaufspreis draufzuschlagen: „Es ist nicht einzusehen, wieso sämtliche Hamburger diese Entsorgung über ihre Müllgebühren mitbezahlen müssen und nicht nur diejenigen, die solch gefährliche Stoffe benutzen“.

Und nicht alles, was die HamburgerInnen bislang am Umweltbus anschleppten, hat dessen Personal stets in helle Begeisterung versetzt. Wer ist schon erfreut, wenn ihm ein radioaktiv strahlender Stoff oder eine Kampfstoffampulle in die Hand gedrückt wird? Große Augen machte die Umweltbusbesatzung auch, als ein Hamburger ihr fünf Kilo des bereits in Mikrogramm-Dosen tödlich wirkenden Pfeilgiftes Curare zur Ent-sorgung übergaben – ein Souvenir aus dem Brasilien-Urlaub, für das der heimgekehrte Tourist offensichtlich in der Hansestadt dann doch keine Verwendung mehr hatte. In den neuen Sammelcontainern, das steht wohl heute schon fest, wird noch so einiges landen, was es eigentlich in privaten Haushalten gar nicht geben dürfte.