■ Bunsenbrenner
: Mißtrauen ist angesagt

Ob eine Testung Ungeborener auf genetische Abweichungen, auch wenn sie völlig ungefährlich wäre, aus ethischen Gründen überhaupt vertretbar ist, wurde an anderen Stellen bereits ausführlich problematisiert. Deswegen soll hier nur auf diese insbesondere von Frauen- und Behindertengruppen mit außerordentlichem Engagement geführte Diskussion hingewiesen werden.

Die vorliegenden Studien über die durch eine Chorionzottenbiopsie hervorgerufenen Fehlbildungen bei Neugeborenen beleuchten aber noch einen anderen, bisher vernachlässigten Aspekt: Die handfeste Gefährlichkeit des Eingriffes. Mißtrauen gegenüber neuen medizinischen Techniken wird von ärztlicher Seite oft in die Rubrik „unqualifizierte Äußerungen medizinisch ungebildeter Laien“ eingeordnet.

Wie viele Frauen mußten sich in den letzten Jahren auf ihre Frage, ob die Chorionzottenbiopsie denn das werdende Kind nicht schädigen könne, die Antwort anhören, es existierten weltweite Studien, die die Ungefährlichkeit der Methode bewiesen hätten. Eine Einschränkung: Da gab es natürlich den Nachweis höherer Fehlgeburtsraten, eindeutig durch den Test verursacht. Aber schon hier herrschte Verwirrung darüber, wie hoch diese Raten eigentlich sind. Mit einer ebenfalls deutlichen Korrelation: Je stärker die befragten ÄrztInnen an dem Geschäft mit der Chorionzottenbiopsie partizipierten, desto geringer war der von ihnen genannte Zahlenwert. Und umgekehrt: KollegInnen, die keine oder nur wenige Tests durchführten, schienen überproportional häufig höhere Fehlgeburtsraten aus genau derselben wissenschaftlichen Literatur zu kennen.

Daß dieser Test Fehlbildungen verursacht, steht inzwischen fest. Erschreckend ist, wie deutlich dies selbst in statistischen Zahlenwerten sichtbar ist. Noch erschreckender, daß dies erst nach über einem Jahrzehnt routinemäßigen Einsatzes der Technik bekannt wird und daß nun sogar im nachhinein Kinder entdeckt werden, die in den ersten Studien „übersehen“ wurden. Wieder einmal zeigt sich: Auch in wissenschaftlichen Untersuchungen läßt sich offensichtlich nur das finden, was auch gezielt gesucht wird.

Nun müssen wir uns eine neue Einschränkung anhören: Gefährlich sei der Test zwar, aber nur vor der zehnten Schwangerschaftswoche. Und was ist mit der Studie aus Chicago, sollten wir fragen. Dies sei ja nur eine einzige, bisher nicht weiter bestätigte Untersuchung, werden sie uns antworten. Wie lange soll eigentlich noch untersucht werden, um dann herauszufinden, was viele bereits lange ahnten: Es gibt keine ungefährlichen Eingriffe in die Gebärmutter einer schwangeren Frau.

Alle Frauen, denen dieser Test auch heute noch angeboten wird, sollten gewarnt sein. Claudia Schulze