Marion Blohm Abgeordnete auf Abruf

■ Wahlprüfungsgericht: Wahl der DVU-Abgeordneten war rechtswidrig / Blohm kündigt Beschwerde an

Marion Blohm ist nur noch Abgeordnete auf Abruf: Am Montag abend entschied das Wahlprüfungsgericht, daß die Wahl der DVU-Abgeordneten rechtswidrig war. Das Gericht sah es offenbar als erwiesen an, daß Marion Blohm drei Monate vor der Bürgerschaftswahl nicht, wie vorgeschrieben, ihren ersten Wohnsitz innerhalb der Landesgrenzen innehatte. Und damit wäre sie nicht wählbar gewesen. In einer ersten Stellungnahme kündigten Marion Blohm und ihr Anwalt Beschwerde gegen das Urteil an. Sollte allerdings die zweite Instanz des Wahlprüfungsgerichts, die aus den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs besteht, zum selben Urteil kommen, dann wird Marion Blohm ihr Mandat zurückgeben müssen.

Eine schriftliche Begründung liegt noch nicht vor, es scheint aber sicher, daß das Gericht auf einen antiquierten Passus des bremischen Meldegesetzes zurückgreift: Danach ist der erste Wohnsitz bei Verheirateten, die nicht dauerhaft getrennt leben, immer da, wo die Familie wohnt. Ob Marion Blohm, wie sie behauptet, getrennt von ihrem Mann bei ihren Eltern in Bremerhaven lebt oder, wie ehemalige Weggefährten bezeugen, bei ihrer Familie im niedersächsischen Langen — hält das Gericht für unerheblich. Ihr erster Wohnsitz war automatisch bei Mann und Kind. Daß die Trennung von der Familie dauerhaft war, wollte ihr das Gericht nicht abnehmen.

Das Wahlprüfungsgericht besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts, je zwei Abgeordneten von CDU und SPD und einem der Grünen. Hinter den Kulissen war zu erfahren, daß die Entscheidung keineswegs einstimmig gefaßt worden war. Der Grüne Hermann Kuhn habe darauf gedrungen, weitere Zeugen zu hören und sich nicht auf das Melderecht zu berufen. Das nämlich, so der Grüne, sei nicht mehr zeitgemäß. Doch diese einzige Gegenstimme stand dem eindeutigen Votum der anderen Richter gegenüber. Kuhn selbst wollte wegen der Schweigepflicht der Richter nicht Stellung nehmen.

„Ein krasser Fehlbeschluß“, kommentierte der Münchner Blohm-Anwalt Roemer, der kurz nach Bekanntgabe der Entscheidung schon Bescheid wußte. Schon am Verhandlungstag hatte er Beschwerde für den Fall angekündigt, das Gericht erkenne die Rechtmäßgkeit der Wahl ab. Außerdem überlege er mit seiner Mandantin, eine Strafanzeige gegen Hans Altermann und Günther Schnirring zu erstatten, die gegen Marion Blohm ausgesagt hatten. Roemer: „Die haben gelogen, daß sich die Balken biegen.“

Marion Blohm selbst erfuhr von dem Urteil — pikant — ausgerechnet von der taz. Und sie gewährte das erste Gespräch seit einem Jahr. „Ein Racheakt“ von Hans Altermann und eine Intrige der Abgeordneten sei das Urteil, sagte Frau Blohm. „Die Richter haben das schon mittags als erledigt angesehen, nur die Abgeordneten waren gegen mich, weil ich in der DVU bin. Die Vorwürfe sind absoluter Blödsinn.“

So lange der Beschluß noch nicht rechtskräftig ist, so lange bleibt Marion Blohm auch noch Bürgerschaftsabgeordnete. Und das kann sich noch über Monate hinziehen. Jürgen Klose, Vizepräsident des Verwaltungsgericht, über dessen Geschäftsstelle die Begründung erstellt wird, stöhnt über die Überlastung der Justiz: „Ich hoffe, daß wir Anfang August damit fertig sind.“ Dann sind Marion Blohm und ihr Anwalt am Zug. Innerhalb von zwei Wochen muß die Beschwerde formal eingelegt sein, einige Zeit später die Begründung, dann nimmt die erste Instanz Stellung und dann erst kann sich der Staatsgerichtshof auf die Sitzung vorbereiten. Jochen Grabler