Nordkorea lenkt im Streit um Atomwaffen ein

■ Wieder Gespräche mit IAEA in Genf / US-Initiative für Atomteststop

Genf/Wien/Seoul/Washington (AFP/AP) – Gut eine Woche nach massiven Drohungen von US-Präsident Bill Clinton hat die nordkoreanische Regierung im Streit um ihre Atompolitik eingelenkt. Die USA und Nordkorea einigten sich am Montag abend in Genf auf ein Abkommen zur Kontrolle zweier Atomanlagen in Yongbon, nördlich von Pjöngjang. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) erklärte gestern ihre Bereitschaft, mit der Regierung in Pjöngjang „so schnell wie möglich“ die Gespräche über die Überwachung der Atomanlagen wiederaufzunehmen. Das Einlenken Nordkoreas wurde von den Regierungen in Seoul und Tokio begrüßt.

Bei einem zweitägigen Besuch in Südkorea hatte Clinton am 10. Juli mit einem Militärschlag gegen Nordkorea gedroht, falls das Land eine Atomwaffe „entwickeln und nutzen sollte“. Die in Genf erzielte Vereinbarung zwischen den USA und Nordkorea sieht vor, daß die IAEO entsprechend dem Atomwaffensperrvertrag die Kontrolle der Anlagen in Yongbon übernehmen soll. Nordkorea sei bereit, „so schnell wie möglich“ Verhandlungen mit der IAEO aufzunehmen, heißt es in dem Abkommen. Die Drohung Pjöngjangs, den Atomwaffensperrvertrag aufzukündigen, hatte im Frühjahr den Verdacht der IAEO genährt, daß die Anlagen in Yongbon zur Herstellung von Atomwaffen genutzt werden.

„Wir begrüßen die Entscheidung Nordkoreas, an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, sagte IAEO-Sprecher Hans Mayer am Dienstag in Wien. Es komme nun darauf an, daß die Inspektoren der IAEO nach Nordkorea reisen könnten, um dort die Umsetzung des Atomwaffensperrvertrages zu überwachen.

Die Einigung zwischen den USA und Nordkorea reicht offenbar über die strittige Frage der Atomwaffen weit hinaus: Südkoreas Ministerpräsident Hwang In Sung berief für Mittwoch ein Treffen der Minister ein, die sich an den Verhandlungen mit Nordkorea über eine Wiedervereinigung der beiden Staaten beteiligten. Nach der Genfer Einigung wurde eine Wiederbelebung dieser Gespräche erwartet, die im Frühjahr von Pjöngjang abgebrochen worden waren.

Außerdem verpflichten sich die USA nach Angaben von Delegationsleiter Robert Gallucci, Nordkorea beim Umbau der Reaktoren zu helfen. So könne Material zur Umrüstung der Anlagen von Graphit- in Leichtwasser-Reaktoren aus den USA geliefert werden. Diese Unterstützung machte Gallucci allerdings von der „unzweifelhaften“ Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages abhängig.

Unterdessen haben die USA knapp drei Wochen nach der Verkündung eines Atomteststops eine diplomatische Initiative für ein weltweites Moratorium gestartet. Wie aus Regierungskreisen in Washington verlautete, brach eine Delegation zu Gesprächen nach Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China und Japan auf. Die Initiative soll nach Mitteilung des Außenministeriums einen Vertrag der Atommächte vorbereiten.

Wichtigste Station für die Delegation unter der Leitung von Staatssekretär Lynne Davis könnte Beobachtern zufolge Peking sein. Obwohl China seit September keine Atomwaffen mehr getestet hat, ist die Haltung gegenüber der US-Initiative unklar. Die Delegation soll außerdem auf eine Einschränkung der Weiterverbreitung von Raketentechnologie hinwirken. China lieferte in der Vergangenheit derartige Technik an Syrien, Pakistan und andere Länder. Es wird damit gerechnet, daß sich die anderen Atommächte dem US-Vorschlag anschließen werden.