Mit den Binsen in die Binsen

■ Die reine Wahrheit: In der Haseldorfer Marsch wird wie in alten Zeiten geerntet

Die Arbeit ist hart, und ernähren tut die Binsenwirtschaft die Frau oder den Mann schon lange nicht mehr. Dennoch, für Annegret (43) und Peter Hamster (51) aus Haseldorf (Kreis Pinneberg) gibt es anscheinend nichts Schöneres, als das Naturprodukt in der Weite der Elbmarsch zu schneiden, zu trocknen und an Möbelhersteller zu liefern. Andere aber möchten die Binsenwirtschaft aus dem Naturschutzgebiet Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland völlig verdrängen. Dies wäre das Aus für diese bundesweit einzigartige Tradition, die noch von vier Familien in Haseldorf und im benachbarten Hetlingen betrieben wird.

1977 wurden im Rahmen des Hochwasserschutzes große Teile der Flußmarsch eingedeicht und die natürlichen Lebensräume für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten grundlegend verändert und zerstört. Seit 1984 ist man dagegen bemüht, die verbliebene spezialisierte Artenvielfalt zu erhalten. Die etwa 2000 Hektar große Marsch zwischen Wedel und der Pinnaumündung wurde deshalb unter Naturschutz gestellt.

Seit langer Zeit werden einmal im Jahr die Binsen in den auch heute noch außendeichs gelegenen einzigartigen Süßwasserwattgebieten der Elbe geschnitten. Dafür kommen, so erläutert Annegret Hamster, von den 80 Hektar Binsenflächen überhaupt nur 20 Hektar oder drei von 15 Binsenarten in Frage. Und nur etwa vier bis sieben Hektar würden pro Jahr genutzt.

Etwa Mitte Juli, wenn die Binsen noch nicht reif und damit verholzt sind, stapfen Männer in den Elbschlick, um im knietiefen Matsch das begehrte Produkt zu schneiden: grüne, runde, blatt- und knotenlose markgefüllte Halme.

Da die Binsenstöcke im Herbst ohnehin abfallen und angetrieben werden, greift man der Natur nur einige Wochen vor. Die geschnittenen Binsen werden bei einsetzender Flut auf kleine Boote geladen und zum Trocknen auf freiem Feld an Land gebracht.

Verkauft werden die getrockneten und dann gelben Halme von der Familie Hamster nach Westfalen, Ostfriesland, ins niedersächsische Worpswede und Bad Zwischenahn sowie nach Holland: Die Binsen der Holländer im eingedeichten Issjlemeer werden immer härter, weil ihnen die regelmäßige Tide fehlt.Da kann geholfen werden.

Sven Bardua/dpa