Aus Gewinnsucht gegen Hilfe für Junkies

■ City-Kaufleute gegen Druckraum und Arztmobil für Drogenabhängige am Breitscheidplatz / Angst vor Sogwirkung

Der Streit um einen sauberen Ku'damm eskaliert wieder. Nachdem die AG City, ein Zusammenschluß von 200 Geschäftsleuten von Ku'damm bis Tauentzien, gerade erfolgreich ihren Wachschutz durchgesetzt hat, geht es jetzt gegen die Drogenabhängigen am Breitscheidplatz. „Die sitzen im Europa-Center zu viert um eine Spritze. Die Leute trauen sich kaum noch in die Läden“, sagt Geschäftsführerin Manuela Remus- Woelffing. „Es geht auch darum, den Bummel- und Flaniercharakter des Ku'damms zu erhalten.“ Verstärkung erhielt sie vom Arbeitskreis City, der bei der Innenverwaltung angesiedelt ist. Auf dessen Weisung räumt neuerdings zusätzliches Polizeiaufgebot regelmäßig den Platz.

„Die Vertreibung der drogenabhängigen Menschen vom Breitscheidplatz ist eine kurzsichtige, nur auf die Interessen der Geschäftsleute ausgerichtete Politik“, sagt dagegen Charlottenburgs Gesundheitsstadträtin Annette Schwarzenau (AL). Verdrängung verlagere das Problem lediglich. Berlin müsse sich gerade als Metropole Beratung und Betreuung Drogenabhängiger leisten. Dazu gehören ihrer Ansicht nach neben Streetwork, sauberen Spritzen und medizinischer Versorgung auch Gesundheitsräume oder Druckräume. Diese hatte die sogenannten Linie-eins-Initiative schon vor anderthalb Jahren für die Szenetreffpunkte in Kreuzberg, Tiergarten, Schöneberg und Charlottenburg gefordert.

Zusätzliche Hilfen für Junkies am Breitscheidplatz werden von der AG City strikt abgelehnt. „Das ist keine Lösung des Problems“, so Remus-Woelffing. Auch passe eine intensive Drogenberatung nicht zum Image des Ku'damms. Selbst Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) sprach sich inzwischen gegen zusätzliche Angebote wie einen Gesundheitsraum oder das Fixpunkt-Arztmobil am Breitscheidplatz aus: „Die Folge wäre keine Beruhigung der Szene, sondern eine Sogwirkung.“

Die Fixpunktbusse hätten an der Kurfürstenstraße und am Kottbusser Tor jedenfalls nicht zu einem verstärkten Szeneandrang geführt, sagt Fixpunkt-Mitarbeiterin Astrid Leicht. Dort stehen jeweils zweimal wöchentlich der Beratungsbus, in dem Junkies Kaffee trinken und Spritzen tauschen können, sowie das Arztmobil Mobilix, das ambulante Erstversorgung leistet. Seit Monaten bemüht sich der Verein um die Genehmigung für einen Standort in der Innenstadt. Nach langen Diskussionen im Bezirksamt Charlottenburg dürfen die Busse ab erstem September am Joachimstaler Platz stehen. „Die vier Stunden beeinflussen die Szene nicht“, so Leicht.

Sie warf der Berliner Drogenpolitik vor, keinen anderen Weg beschreiten zu wollen als den der Repression. Initiativen aus dem Haus Krüger wie die vor einem Jahr angekündigte Ausweitung des Methadon-Programms auf 1.500 Betreute ließen ebenso auf sich warten wie die Neubesetzung des Postens des Drogenbeauftragten. Corinna Raupach