Wasser von oben und von unten

■ Dramatische Wettrennen der 10er-Kanus auf der Weser - von innen betrachtet

Wasser von oben und von unten

Dramatisches Wettrennen der 10er-Kanus auf der Weser — von innen betrachtet

„Nummer zwei, drei und vier noch einen Meter vor! Achtung, fertig: los!!“ Es ist Sonntag mittag. Das traditionelle Rennen der Bremer Kanadier-Tage steht an. Gefahren wird mit Kanus, die bis zu zehn Leute aufnehmen können. Auf Kommando stechen fast fünfzig Paddel in die Weser. Wir zehn im Boot der Bremer Kanu Wanderer — BKW versuchen, sofort soviel Fahrt wie möglich aufzunehmen. Der Schlagmann vorne rechts gibt das Tempo vor, jeder sieht auf seinen Vordermann, zieht sein Paddel mit aller Kraft durch. Wir sind mitten auf der Weser, in der Höhe des Hal-Över Anlegers. Fünf Teams versuchten, so schnell wie möglich stromaufwärts die zwei Kilometer bis zum Vereinsheim des BKW zu fahren; gegen das ablaufende Wasser und strömenden Regen.

Das Boot hat Fahrt aufgenommen. Ein erster Blick nach vorne: Die aus Neustrelitz haben sich gleich an die Spitze gesetzt, die drei anderen Boote sind nicht zu sehen. Nicht aus dem Takt kommen!

Nach dem ersten Schwung die ersten Anzeichen der Anstrengung. Das Schlagtempo wird etwas langsamer. Ich sitze rechs hinten, hinter mir an der linken Seite ist der Steuermann, der mit seinem Stechpaddel — eine andere Steuerung gibt es nicht — dafür sorgen muß, daß wir in der Rechtskurve beim Weserstadion möglichst die Ideallinie fahren.

Ist der Regen schwächer ge

Zehner-Kanu-Jagd auf der Weser: Vor dem StartFoto: Christoph Holzapfel

worden? Paddel einstechen, durchziehen, rausnehmen, Paddelfläche flach über das Wasser drehen, einstechen, Takt halten! Steuer- und Schlagmann kümmern sich darum, wie und wo es weitergeht, wir anderen schaufeln das Wasser nach hinten. Hat'n bischen was von Galeere, nur freiwillig.

Promenade hinter dem Weserstadion: wir sind wieder ganz links, nahe der Uferpromenade. Angler fluchen. Irgendwo hinter uns der Paddel-Klub-Celle, der Bremer Verein Störtebecker ,

hier bitte die Kanus

und ein neustrelitz-bremisches Frauenboot.

Der linke Arm meldet sich wegen dieser ungewohnten Belastung, der rechte weiß schon eine Weile, was er tut. Bis auf einige Neustrelitzer sind keine trainierten Athleten in den Booten, sondern Leute, die dieses Rennen mitmachen, weil es Spaß macht. Die Bremer Mannschaft wurde etwa eine halbe Stunde vor dem Besteigen der Boote endgültig zusammengestellt, kurz vorher hatten vier Frauen aus Neustrelitz sich noch welche aus Bremen

gesucht, um ein Team vollzukriegen.

Da vorne links, der gemauerte Steinhügel: das Ende der Weserpromenade. Jetzt sind auch die Daheimgebliebenen zu sehen, die uns zugröhlen. Endspurt. Viel Kraft ist aber bei allen nicht mehr da. Ein vielkehliger Schrei: der Wassersportverein Einheit Neustrelitz — Sektion Kanu hat gewonnen, in etwa zehn Minuten. „Hopp, hopp, hopp“ vom Ufer, für uns. Jetzt einstechen, geschafft!

Wilfried Wiemer