„Wir wollen einen Streetworker! „

■ Rechte Jugendclique in Findorff möchte betreut werden - so wie die Jungs in Huchting und Kattenturm auch

Die rechte Jugendgruppe „Torfsturm“ in Findorff wünscht sich Streetworker, um mit ihnen nach einem Raum zu suchen und Fahrten zu unternehmen. Seit den Angriffen auf ihr einstiges Stammlokal „Alt- Findorff“ vor einem Jahr stehen die etwa 20 bis 30 Jungs auf der Straße. Und im Jugendfreizeitheim treffen sich vor allem türkische Jugendliche. Von den Türken im Stadteil fühlt sich die Clique bedroht, nicht zuletzt, weil die bei einer Streiterei zwischen zweien in Nullkomanix hundert Mann zusammentrommeln können. Davon kann der „Torfsturm“ bislang nur träumen.

Während andere Cliquen wie die in Horn oder in Huchting erst Krawall machen mußten, bevor sie Streetworker und einen eigenen Raum bekamen, versuchen es die Findorffer auf die zivile Weise: Sie wandten sich mit ihrem Wunsch an den Polizeirevierleiter. Der leitete das Anliegen an den Verein für Akzeptierende Jugendarbeit weiter.

Der Jüngste in der Gruppe ist zwölf, die anderen sind meist unter 20 Jahre alt. Vier Jugendliche haben „Fachgebiete“, die sie für die anderen betreuen: Josef (Maurer, 16) will einen jungen Hooligan-Block im Stadion aufbauen, Cornelius (Elektriker, 17) hält politischen Kontakt zum Beispiel zur Hamburger Nationalen Liste, Arnold (Schüler, 17) sorgt sich um den Zusammenhalt der Gruppe. (Namen von der Redaktion geändert.)

taz: Wie bezeichnet Ihr Euch

Jugendliche aus der rechten Torfsturm-Clique Foto: Christoph Holzapfel

selber — als Skins, als Neonazis, als Rechte?

Arnold: Der „Torfsturm“ ist so eine Allround-Gruppe, da sind Hooligans bei, da sind Neonazis und Skinheads, praktisch alles, was von der Mitte aus nach rechts geht.

Habt Ihr politische Vorbilder?

Arnold: Ich eigentlich nicht, ich halte von der Politik ohnehin nicht viel, vor allem nicht von solchen Parteien wie den Republikanern oder der DVU. Die wollen doch nur Geld machen.

Josef: Notfalls kann man die mal wählen, so als Protest. Vorbild sind aber eher so Leute wie der Christian Worch.

Von Euch hat ja keiner eine

hier bitte

die Jugendlichen von

hinten

Glatze, war das mal anders?

Josef: Vor einem Jahr noch hatten wir Glatzen, da sind wir auch mit Bomberjacken rumgelaufen; aber nach Mölln und Solingen ist das zu gefährlich geworden.

Was haltet Ihr denn von den Anschlägen auf die türkischen Familien in Mölln und Solingen?

Arnold: Also Mölln und Solingen ist absolut nicht unser Fall. Erstens war das hinterhältig und feige, zweitens hat das auch für uns Folgen gehabt.

Josef: Bei uns zuhause sind zum Beispiel Scheiben eingeschlagen worden, wir haben auch Morddrohungen bekommen. Rostock gefiel uns, da wurde dem Staat

mal gezeigt, daß tausend Leute auf die Beine zu bringen sind, außerdem wurde da keiner ernsthaft verletzt.

Sowas könntet Ihr Euch für Bremen schon auch vorstellen?

Josef: Schön wär's, aber das ist hier sehr schwierig.

Gibt es denn in Bremen etwas, was Euch politisch total nervt?

Arnold: Die ganze politische Lage. Aber auch die Lehrer, was die für Meinungen vertreten. Und dann kommen sie immer mit ihren seltsamen Statistiken.

Was für Statistiken?

Arnold: Von wegen, daß die Ausländer im großen und ganzen eigentlich recht friedlich sind und weniger Straftaten als die Deutschen machen. Aber von den Polizeibeamten hört man ganz was anderes. Zum Beispiel dealen die Türken im Jugendfreizeitheim.

Cornelius: Wo kann man heute noch hingehen? Das Freizeitheim kann man vergessen, fast jede Disco kann man vergessen, überall sind die Türken.

Josef: Wir fahren dann eben aufs Schützenfest, zu Zeltdiscos irgendwo außerhalb — solche Sachen sind meist von der rechten Szene gut besucht.

Was sagen denn Eure Eltern zu Eurer rechten Meinung?

Arnold: Mein Vater denkt ja auch so, was die Ausländer betrifft. Alle Leute denken so.

Ihr bezieht Euch auch auf den Faschismus — was fandet Ihr denn gut daran?

Josef: Die deutsche Ordnung, die Freizeitprograme wie „Kraft durch Freude“. Wenn ich das von älteren Leuten höre, daß da Fahrten unternommen wurden, da gab es Kameradschaftsabende mit Liedern. Da wurde richtig was für die Jugend getan. Das mit dem Krieg nachher war natürlich unschön.

Was erwartet Ihr eigentlich von den Sozialarbeitern?

Josef: Naja, daß wir einen Raum suchen und dann auch mal was zusammen unternehmen, zum Beispiel eine Butterfahrt.

Eine Butterfahrt ist ja ein kleiner Reisewunsch — was wäre denn ein großer?

Josef: Wir würden gern zu deutschen Kulturstätten fahren, vielleicht nach Braunau oder mal in die Heide.

Das würde Euch reichen?

Arnold: Das wäre schön.

Gespräch: Christine Holch