■ Automatischer Hähnchenfänger erzürnt Tierschützer
: „Fangen Sie doch mal Hähnchen ein“

Kopenhagen (taz) – Das Ding sieht aus wie eine Kehrmaschine. Nur hat es vorne keine runden Bürsten, die sich drehen, sondern Gummiarme wie eine Krake, die das eingefangene Opfer in den Schlund hineinwedeln. Nicht von der letzten Erfindung der ExpertInnen für die technische Ausstattung von Horrorfilmen ist die Rede, sondern von der neuesten Errungenschaft der dänischen Hähnchenzuchtwirtschaft: der automatischen Hähnchenfangmaschine. Seit die TierschützerInnen den qualvollen Käfigen, in denen die Hähnchen sich zum exakten Schlachtgewicht heranfressen mußten, den Garaus machten und den Tieren zumindest eine begrenzte Auslauffläche – wenn auch meist nur auf Beton – zugestanden wird, wurde der neue Beruf des Hähnchenfängers geboren: im Akkord arbeitende Menschen, die pro Stunde Hunderte von Hähnchen einsammeln müssen, damit die am Fließband wartenden Schlachter Nachschub bekommen. Bis zu 10.000 Hähnchen treten bei den größeren dänischen Hähnchenzüchtern pro Stunde den letzten Weg in die Tiefkühltruhen an.

Die erste Maschine, die nun bei der Firma Gedved Fjaerkraeslagteri in Horsens die HähnchenfängerInnen ersetzen soll, hat nun nicht etwa die um Arbeitsplätze fürchtenden Gewerkschaften, sondern den Tierschutzverband auf den Plan gerufen. Der Vorsitzende von „Stimme der Tiere“, Waldemar Larsen, hat Firma und Maschine wegen Tierquälerei angezeigt: „Diese scheußliche Maschine darf niemals in Gebrauch gehen.“ Firmenchef Finn Skjoldberg kann dies nicht verstehen: „Die Maschine ist viel sanfter als jede Menschenhand. Den Hähnchen macht es offenbar richtig Spaß, in die Maschine hineingewedelt zu werden. Sie sind jedenfalls weder weggerannt, noch haben sie sonstwie erschreckt reagiert.“ Haben die Fangarme ein Tier erwischt, wird es über ein neun Meter langes Transportband in einen Käfig verfrachtet und kann dann zur Schlachtbank weitertransportiert werden. 8.000 Hähnchen kann die von zwei Personen ferngesteuerte Maschine so angeblich in einer Stunde „verarbeiten“. Die Hähnchenkehrmaschine wurde weniger aus Rationalisierungsgründen entwickelt, sondern weil die Arbeitsschutzbehörde Druck gemacht hatte. Den Hähnchenfabriken war im Januar zur Auflage gemacht worden, für die stetig Kratzern, Bissen und Staub ausgesetzten ArbeiterInnen ein geschützteres Arbeitsumfeld zu entwickeln. Die Firmen machten gleich Nägel mit Köpfen und wollen die FängerInnen ganz abschaffen. Diese sind nicht einmal traurig: „Fangen Sie mal stundenlang Hähnchen ein und halten Sie diese bündelweise und mit dem Kopf nach unten fest“, sagte unlängst eine Hähnchenfängerin im Fernsehen: „Eine Scheißarbeit!“ Das Justizministerium in Kopenhagen hat jetzt die oberste Veterinärbehörde beauftragt, herauszufinden, wie es die Hähnchenkehrmaschinen mit Tier- und Menschenschutz halten. Reinhard Wolff