Grobe Unkenntnis

■ Podiumsdiskussion in St. Georg: PolitikerInnen lernen viel über die Situation „unserer ausländischen MitbürgerInnen“

Ärger mit der Versicherung bei der Anmeldung eines Autos – wg. „erhöhter Unfallgefahr“ bei AusländerInnen? Schwierigkeiten beim Wechsel des Hauptmieters? Die zu Hause erworbene berufliche Qualifikation wird nicht anerkannt? Für Ausländer in Deutschland sind dies alltägliche Probleme – vorgestern kamen sie auf einer Podiumsdiskussion in der Heinrich-Wolgast-Schule zur Sprache. Veranstalter: St. Georgs Initiative gegen Rassismus und für Zusammenleben e.V. Das Ergebnis der Diskussion im Zeichen der „ersten Wahlen nach Mölln und Solingen“: Unter Politikern herrscht grobe Unkenntnis über das reale Leben unserer „ausländischen Mitbürger“.

Eingeladen waren Jan Ehlers (Ex-SPD-Sozialsenator), Johannes Mertens (CDU-Ausländerreferent), Robert Vogel (FDP-Landesvorsitzender) und Anna Bruns (Grüne/GAL). Gesucht wurden Antworten auf die Frage, inwieweit denn (auch) PolitikerInnen für die derzeitige Gewaltwelle gegen AusländerInnen in Deutschland verantwortlich sind? Und was denn die Parteien gegen Ausländerfeindlichkeit unternehmen wollen?

Leider wurden meist nur altbekannte Standpunkte vorgetragen. Einzig Anna Bruns (Grüne/GAL) wurde mit ihrer Forderung nach einem Wahlrecht für AusländerInnen und einem Antidiskriminierungsgesetz vom Publikum voll unterstützt. Daran konnte auch Jan Ehlers durch ein werbewirksames Überreichen seiner Visitenkarte an einen von Wohnungsnöten belasteten Zuhörer nicht mehr viel ändern.

Auf Hilfe baut die St. Georgs Initiative; sie wurde im Juni diesen Jahres von über 150 BewohnerInnen des Stadtteils St. Georg gegründet und tritt ein für „Völkerverständigung und die Verbesserung des sozialen und kulturellen Zusammenlebens der deutschen und nicht-deutschen Bevölkerung“ sowie die „Förderung der Gleichberechtigung der nicht-deutschen Menschen“. Durch Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung wollen die Mitglieder das Stadtviertel vor rassistischen Übergriffen schützen und so Vorbild für andere Wohnbezirke sein. Als nächstes sind nun eine Vortragsreihe über Rassismus und ein „Tag der offenen Tür“ mit reichem Kulturprogramm geplant.

Jörg-Uwe Kerstein