Naturschutz contra Obdachlose

■ Öffentliches Interesse an Erholung hat Vorrang

Beim Bezirksamt Altona wird Naturschutz groß geschrieben. Bis zum kommenden Montag müssen drei Obdachlose ihre Zelte am Övelgönner Elbestrand abgeschlagen haben. Ansonsten droht das Naturschutzreferat mit zwangsweiser Entfernung. Begründung: Der Elbestrand liegt laut einer Verordnung vom Dezember 1962 in einem Landschaftsschutzgebiet, in dem Zelten untersagt ist. Für einen offiziellen Campingplatz fehlt den Obdachlosen jedoch das Geld, und selbst der Besitz eines 18 Monate alten Dringlichkeitsscheines führte bei der Wohnungsvermittlung bisher nicht zum Erfolg.

Wolfgang H. ist einer von ihnen. Er nächtigt nun schon seit dreieinhalb Jahren am Övelgönner Strand. Durch Gelegenheitsarbeiten, als Hilfskraft in der „Strandperle“, hält er sich über Wasser. Von den Anwohnern geduldet, zum Teil auch unterstützt, hat er sich mit seiner Freundin am Strand eingelebt. Sein Kumpel, auch schon seit über drei Jahren dort, zog zu, als er das dem Amt für Strom- und Hafenbau unterstehende Gelände verlassen mußte. Das Sozialamt hatte ihm vor sechs Wochen immerhin den Kauf eines neuen Zeltes ermöglicht, nachdem sein altes von Unbekannten „abgefackelt“ wurde. Auf dem jetzigen Privatgelände sind die drei nach eigenen Angaben sogar vom Eigentümer erwünscht.

An diesem Punkt greift nun das Bezirksamt Altona an. Von dem privaten Gelände können die Obdachlosen mit Hinweis auf das Landschaftsschutzgebiet verdrängt werden. Der schnelle Vollzug wird von der Behörde mit öffentlichem Interesse, sprich der Nutzung der Strandflächen als Erholungs- und Erlebnisraum, begründet. Aus dem Schreiben der Behörde: „Eile ist insbesondere geboten, weil das Wochenende vor der Tür steht und gerade diese stadtnahen Strandflächen an Wochenenden von einer großen Zahl von Besuchern genutzt werden“. Jörg-Uwe Kerstein