Aus den Augen

■ Der Jörg des verlorenen Schatzes zieht schon wieder eine neue schicksalhafte Show ab Von Tom Weihe

„Jörg Wontorra möchte mit seiner 90minütigen Live-Sendung dem Schicksal auf die Sprünge helfen“, verheißt SAT.1 Erbauliches. Aus den Augen verloren solle „ein Forum sein für Menschen auf der Suche.“ Aha.

Der Maestro, im Hauptberuf ran-Mann und Bitte melde dich! -Moderator, ergriff gestern im Literaturhaus höchstselbst das Wort und erhellte: Leute suchen und finden in der ersten Sendung am 1. Mai vor der Kamera alte Freunde, Retter in der Not oder verlorene Schätze, entdecken einen „verlorenen Sohn“, fahnden nach dem „Mann mit Zivilcourage“ oder halten „Klassentreffen in Passau“. Bereits aufgezeichnete Show-Teile enthüllten Dramatisches („Da kam ihm die Idee, wie er die Suppe auslöffeln könnte, die ihm die Stasi eingebrockt hatte.“) und gar auch Politisches („Oktober 1989: Für Freiheit standen die Ampeln auf Rot!“), Produzent Gil Bachrach enthüllte das Konzept: Bitte melde dich! sei so erfolgreich, weil man „nicht effekthascherisch“ arbeite, sondern „klar, sachlich und ohne Schnörkel.“ „ADAV“ werde genauso „sachlich“ sein, aber eine „sehr, sehr bunte Sendung mit sehr, sehr vielen Geschichten“, „sehr dramatische Sachen, sehr emotionale Sachen“. „Alte Liebe, Klassenkameraden – alles das, was Sie eigentlich kennen, das wird es bei uns geben.“

Ob das nicht ein bißchen sehr, sehr privat sei? „Nur wenn die Leute einverstanden sind“, sagte Bachrach, „aber ich glaube, wir leben in einer Zeit, wo man die Leute nicht mehr verarschen soll. Die Leute sind alles gewohnt, warum soll man's ihnen nicht sagen?“

Das „Sammelsurium von Sehnsüchten, Hoffnungen, Gefühlen“ koste, so Bachrach, etwa eine Million Mark („Wir leben ja heute in einer Zeit, wo die Zahlen sehr transparent sind“). Und die „Macher“ enthüllten auch ihre persönlichen Vorlieben: „Das Schönste ist, wenn es was mit Freundschaft zu tun hat“, romantisierte Bachrach. Maestro Wontorra ersparte Franz Schubert in blumigen Worten die Nachspielzeit: „Mit einer Unbekannten oder einer Unvollendeten zu arbeiten, nicht wissen, ob man jemanden findet – das ist wie beim Fußball: Das Allerschönste ist, wenn das Tor in der 90. Minute fällt.“