Kein Schweigen der Lämmer

■ Des Pfarrers Schäfchen mucken per KirchenVolksBegehren auf / Bruder Tacke und andere Optimisten rechnen mit einem „sagenhaften Erfolg“

Mitte November weiß Wilhelm Tacke Endgültiges. Doch die Ahnungen, die ihn schon heut umtreiben, klingen vielversprechend fürs kritische Bremer Kirchenvolk. „In St. Hildegard zum Beispiel“, berichtet der Öffentlichkeits-Referent der hiesigen Katholiken über erste Trends des KirchenVolksBegehrens, „sind abends etliche Leute gekommen, die Jahre nicht mehr in der Kirche waren. Extra zum Unterschreiben.“ Ginge das so weiter, rechnet der Kirchenmann die Unterzeichner-Quote aus der Oberviehländer Gemeinde hoch, wäre das ein „sagenhafter Erfolg“.

Und ein Resultat zudem, das die hausinternen Prognosen sogar noch übersteigt. Genau 68.221 Menschen katholischen Glaubens zählen die Dekanate Bremen und Bremen-Nord in diesen Tagen, etwa 10.500 oder 15 Prozent von ihnen bilden den „harten Kern“ der Gottesdienstbesucher. Von denen, so Tacke, hoffen die VolksBegehrler 20 bis 30 Prozent zum Autogramm unter den Forderungskatalog bewegen zu können. Möglicherweise kämen am Ende aber noch bessere Resultate heraus - das Reservoir an „Karteileichen“ sei schließlich groß.

Denen, in der Regel mit einem eher konservativen Kirchenverständnis ausgestattet, das Tacke aufgrund der immanenten Obrigkeitshörigkeit „vorkonziliar“ nennt, machte am Anfang dieser Woche Professor Dieter Emeis Mut. Bei einer Diskussionsveranstaltung in der St. Johannis-Schule wischte der Münsteraner Pastoraltheologe bischöfliche Bedenken gegen die Unterschriften-Sammelei vom Tisch: Das VolksBegehren stehe „ganz im Rahmen der kirchlichen Ordnung“. Und sei keineswegs „unanständig“, wie manche Bischöfe nach Lektüre des Forderungskatalogs (u.a. Abschaffung des Zölibats, Priesteramt für Frauen) forsch behauptet hatten.

Worte, die Wasser waren auf die Mühlen so manches frustrierten Katholiken, der die innerbetriebliche Revolte ob der oberhirtlichen Schelte schon scheitern sah. „Manche“, weiß auch Wilhelm Tacke über die Macken seines Vereins, „neigen dazu, all das als richtig und gut zu erachten, was von oben kommt.“

Die Gläubigen der St. Bonifatius-Gemeinde gehören offensichtlich nicht zu jenen, denen Wilhelm Tacke spöttisch attestiert, man schmecke bei ihnen noch heute „300 Jahre Kirchengeschichte“. Nachdem deren Pfarrer Peter Schäferhoff vor Wochen in der taz schnippisch kundgetan hatte, das VolksBegehren wäre „nicht wichtiger, als wenn in Amerika ein Sack Reis umkippt“, mucken Schäferhoffs Schäfchen nun auf. Der Pfarrgemeinderat schert sich nicht viel um des Pfarrers Positionen und sammelt stattdessen demonstrativ Unterschriften vor den Portalen des Gotteshauses. Weil er das KirchenVolksBegehren als einen „Versuch“ erachtet, „das notwendige Gespräch über drängende Fragen nach Form, Gestalt und Auftrag der Kirche in unserer Zeit neu zu entfachen.“ -ich