„Wenn sie kommen, wird hier die Hölle los sein“

■ In Burundi selbst glaubt niemand an den Erfolg einer ausländischen Intervention

Johannesburg (taz) – „Oh shit, it looks like Vietnam!“ – „Scheiße, das sieht aus wie Vietnam!“ Ein Emissär drückte das Gesamturteil der US-Delegation recht ungeschminkt aus. Bill Clinton hatte Anthony Lake, seinen Sicherheitsberater, nach Burundis Hauptstadt Bujumbura geschickt, um die Möglichkeiten einer Intervention zu sondieren. Lake kehrte mit einer klaren Botschaft nach Washington zurück: Eine Militäraktion in diesem unübersichtlichen Bergland ist aussichtslos. Wir bleiben zu Hause. Laß das die Afrikaner selbst machen.

Ebenso unmißverständliche Warnungen sind zur Zeit wieder in Burundi zu hören. „Wenn die Amerikaner oder die Franzosen oder die Blauhelme kommen, wird hier die Hölle los sein. Wir werden ihr Fleisch essen“, kündigt Gilbert Rukiye an. Der junge Mann gehört zu einer der entfesselten Tutsi-Milizen, die die Hauptstadt Bujumbura „ethnisch säubern“ und die Hutu-Bevölkerung vertreiben. Gemeinsam mit dem von Tutsi dominierten Militär wollen sie verhindern, daß es ihrer Minderheit genauso ergeht wie vor zwei Jahren im benachbarten Ruanda. Devise: Bevor die Hutu uns umbringen, bringen wir sie um. Amnesty international spricht von einem „schleichenden Völkermord.“

„Wenn uns die Welt nicht hilft, macht sie sich mitschuldig“, sagt Frédéric Bamvuginyumvira, der Fraktionsvorsitzende der „Hutu- Partei“ Frodebu, die 1993 die bisher einzigen freien Wahlen des Landes gewann und sich nun aber die Macht mit den Tutsi-Parteien teilen muß. Bamvuginyumvira gehört zu den gemäßigten Politikern, die auf beiden Seiten nach friedlichen Lösungen suchen. Er begrüßt den gemeinsamen Appell von Präsident Sylvestre Ntibantunganya (Hutu) und Premierminister Antoine Nduwayo (Tutsi), die ein internationales Eingreifen gefordert haben.

„Eine solche Mission würde nur funktionieren, wenn sie klar definierte Ziele hätte“, meint der einflußreiche Journalist Innocent Muhozi. „Aber nicht einmal der Präsident und der Premier sind sich einig. Ntibantunganya sucht eine neutrale Macht, die ihn vor dem Militär schützt. Nduwayo will externe Schützenhilfe für die eigenen Soldaten.“ Die Funktionäre und Anhänger der von Tutsi dominierten Partei Uprona halten den Vorstoß des Regierungschefs dennoch für „Hochverrat“.

Die von der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) bereits in Burundi stationierten Menschenrechtsbeobachter sind ratlos. Sie haben bisher die undankbare Aufgabe, Berichte über Massaker einzusammeln und an das Hauptquartier der OAU-Mission in Bujumbura zu schicken. „Burundis Schicksal kann nicht von außen entschieden werden,“ erklärt ein Abgesandter aus Tunesien. „Eine militärische Intervention würde vermutlich nur jener Kraft nützen, die in diesem Land das Hauptproblem darstellt: dem Tutsi-Militär.“ Bartholomäus Grill