Geringer Widerstand

■ Landgericht verurteilt Antifaschisten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt

Widerstand ja, Strafe nein. Mit diesem „salomonischen“ Urteilsspruch beendete daß Hamburger Landgericht vergangenen Freitag die zweite Prozeß-Runde gegen einen Antifaschisten, der am 3. Mai vergangenen Jahres auf dem Rathausmarkt seine Meinung kundgetan hatten. Auf der Jubelveranstaltungen zum „Tag der Befreiung“ hatte Lars R. ein Transparent mit der Aufschrift „Deutsche Täter sind keine Opfer“ geschwenkt und war deshalb von der Polizei einkassiert worden. Der Student und drei andere Transparentschwenker bekamen eine Anklage wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Lars R. mußte nun als erster Angeklagter das zweite Mal vor Gericht. In erster Instanz hatte ihn das Amtsgericht freigesprochen, weil der Polizeieinsatz jeder Rechtsgrundlage entbehrt hätte. Die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt, plädierte am Freitag jedoch überraschend auf Freispruch. Plötzlich konnte auch sie keinen Widerstand mehr erkennen.

Nur spielte das Gericht diesmal nicht mit. Der Vorsitzende Richter verurteilte Lars R. wegen Widerstands, sah von einer Strafe wegen „Geringfügigkeit“ allerdings ab. Da der Student nun die Gerichtskosten am Hals hat, wird seine Verteidigerin Revision einlegen. Das Lapalien-Verfahren geht in Runde drei.

In Prozeß-Runde Nummer zwo werden hingegen in den kommenden Wochen die drei anderen Transparentträger erwartet. Zwei von ihnen wurden erstinstanzlich ebenfalls straffrei wegen Widerstands verurteilt, ein Dritter wegen Sachbeschädigung zu einer Geldbuße von 300 Mark verdonnert. Er soll im Eifer des Getümmels einem Polizisten einen Knopf von der Uniform gerissen haben. M. Carini