Atom-Optionen im Dreierpack

Wendland: Castor-Strecke und Demonstrationsverbote sind da. Nur die Frage um Nord- oder Südroute ist noch offen  ■ Von Ulrike Winkelmann

„Die Gerüchtedichte nimmt zu“, konstatiert Sven Teske vom Hamburger Greenpeacebüro. Die Fragen, wann die angedrohten Castorbehälter nach Gorleben kommen, auf welcher Strecke und wo sie umgeladen werden, umtreibt auch die Hamburger Aktionsbündnisse, die ab dem Wochenende in Richtung Gorleben fahren werden, um sich dort atomfeindlich umzutun.

Der Nebel um die Strecke, die der Zug mit den sechs Castorbehältern aus Frankreich nehmen wird, lichtete sich jedoch gestern. „In Dannenberg gibt es den Verladekran, und ich wüßte nicht, warum sich irgendwo sonst etwas abspielen sollte“: Deutlicher will der Lüneburger Polizeisprecher Klaus-Dieter Tietz nicht werden. Auch die gestern veröffentlichten Demonstrationsverbote – „kein Fake“, beteuert der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums in Hannover – deuten darauf hin, daß die Castor-Behälter mit der Bahn über Lüneburg nach Dannenberg zum Verladebahnhof gebracht werden.

Dort werden sie auf die Straße gesetzt und die zwanzig Kilometer zum Zwischenlager entweder über die Nordroute (via Quickborn) oder die Südroute (via Gusborn) nehmen. „Diese beiden Optionen“, sagt Tietz, „werden wir uns bis zum Schluß offenhalten.“ Das Demoverbot der Bezirksregierung Lüneburg gilt vom 3. März 0.00 Uhr bis zum 7. März 24.00 Uhr und bezieht sich auf einen 100 Meter breiten Korridor entlang aller Bahnstrecken inklusive Bahnhof und Straßen, die der Castor nehmen wird.

Nach Hinweisen der vergangenen Tage wird in Lüneburg an einem Verladekran gebaut, so daß die Castoren bereits dort und nicht erst in Dannenberg auf die Straße gesetzt und dann nördlich der Elbe über die Dömitzer Elbbrücke zum Zwischenlager nach Gorleben transportiert werden könnten. Auch von einem mobilen Verladekran ist die Rede.

„Spekulationen“, meint jedoch Holger Müller vom Aktionsbündnis Castor (ABC) in Lüneburg. Vom Bau eines Extra-Verladekrans sei bislang nichts zu sehen. Interessanter sei da schon das „hartnäckige Gerücht“, daß sich auf dem Gelände der Theodor-Körner-Kaserne nordöstlich vom Bahnhof etwas zusammenbraue. „Da wird massenweise Bundesgrenzschutz eingefahren, und außerdem hat die Kaserne Gleisanschluß“, sagt Müller.

Möglich sei, daß auf den Schienen im Kasernengelände drei Castoren geparkt würden, während die anderen drei nach Gorleben gebracht würden. Mit einer Aufteilung des Sechser-Transports, allerdings nur auf der Schiene, rechnet auch Greenpeace: „Wahrscheinlich wird die Bahn zwei Dreierpacks verfrachten“, mutmaßt Teske. Polizei-Sprecher Tietz verbannt diese Vermutungen in den Bereich „jenseits dessen, was geplant ist“.

Mit bis zu 20.000 DemonstrantInnen, die zum großen Teil in den verschiedenen Camps entlang der Castor-Strecke untergebracht sein werden, rechnen die Initiativen im Wendland. Zur Zahl der PolizistInnen schweigen sich die Behörden immer noch aus, aber es sollen mehr als im vergangenen Jahr sein, sagt Tietz. 1996, zum Tag X-hoch-zwei, waren in Niedersachsen 9000 PolizistInnen plus Bundesgrenzschutz im Einsatz.