■ Lesetip
: Schwarz und ruiniert

Andreas Altmann ist als Ich- Erzähler der verschiedensten Reportagen kein unbeschriebenes Blatt. Ein Individualist auf Reisen, in diesem Falle in Afrika.

In erster Linie geht es Altmann um Altmann: wie er sich durchschlägt (er reist gern per Autostopp), wie er sich fühlt (Durchfall quält ihn), woran er sich erinnert fühlt (er zitiert gern moderne Klassiker wie Freud, Brecht, Saint-Exupéry). Afrika selbst ist der Wühltisch, auf dem er nach Geschichten sucht, und er findet eine ganze Menge.

Altmann durchreist Afrikas Westküste von Tanger bis Johannesburg nicht als touriste, sondern als voyageur, er begibt sich auf eine Stufe mit den Einheimischen. Daß das eigentlich nicht geht, weiß er selbst: „Sie sind schwarz und ruiniert, ich bin weiß und privilegiert.“

Was Altmann auszeichnet gegenüber den Altmeistern des Genres – Böll, Andersch, Koeppen, Handke (allesamt gediegene Literaten) –, ist der Schwung seiner Erzählung. Der Untertitel „In 90 Tagen um die Welt“ ist programmatisch. Kein langes Verweilen, kluges Räsonieren oder langatmiges Reflektieren, sondern schnelles Nacheinander der verschiedensten Orte und Geschichten, die er unterwegs aufsammelt.

„Ich muß fort“ heißt es gleich zu Anfang, Bewegung ist essentiell. Das Problem dabei ist, daß die vielen Leute, die er trifft – meist arme Schlucker –, am geistigen Auge des Leser vorüberziehen wie Landschaften vor dem Fenster eines fahrenden Zuges. Zu viele Eindrücke zu schnell hintereinander.

Ein wenig mehr Recherche hätte dem Bericht nicht geschadet, dann hätte sich aus der langen Reihe der Begegnungen ein tiefergehendes Gesamtbild nicht nur des Reisenden selbst, sondern auch der bereisten Gegend ergeben. Martin Hager

Andreas Altmann, „Weit weg vom Rest der Welt. In 90 Tagen von Tanger nach Johannesburg“. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1996, 123 Seiten, 10,90 DM