Sarkuhi meldet sich erneut aus der Haft

Der im Iran festgehaltene Schriftsteller erwartet, daß ihm in der nächsten Woche der Prozeß gemacht wird. Offiziell wird ihm „Republikflucht“ vorgeworfen. Aber noch steht die Anklage nicht  ■ Von Thomas Dreger

Der im Iran inhaftierte Schriftsteller Faradsch Sarkuhi (49) soll noch in der nächsten Woche vor Gericht gestellt werden. Das berichtet seine in Berlin lebende Frau Farideh Sebardschad. Der seit Anfang des Jahres zum wiederholten Male festgehaltene Chefredakteur der Literaturzeitschrift Adine habe am Donnerstag seine im Iran lebende Mutter angerufen und ihr mitgeteilt, ihm solle „in zehn Tagen“ der Prozeß gemacht werden.

Wofür sich Sarkuhi vor Gericht verantworten muß, ist nicht klar. Bisher ist offiziell von dem Delikt „Republikflucht“ die Rede. Laut iranischer Darstellung soll Sarkuhi im Februar versucht haben, die Islamische Republik illegal mit einem Boot über den Persischen Golf zu verlassen. Nach Ansicht seiner Familie ist dieser „Fluchtversuch“ jedoch eine Legende des iranischen Geheimdienstes. Sarkuhi habe sich zu dem angeblichen Fluchttermin in einem Gefängnis in Teheran befunden.

In den iranischen Medien waren diverse Anschuldigungen gegen den Regimekritiker verbreitet worden. Sie reichten von „Ehebruch“ bis zu „Spionage für Deutschland“. Sarkuhi selbst hatte in einem aus dem Iran geschmuggelten Brief die Befürchtung geäußert, ihm solle ein Prozeß gemacht werden, als „Gegengewicht“ zum Berliner Mykonos-Prozeß. Das Gerichtsverfahren um die Ermordung von vier oppositionellen iranischen Kurden 1994 in dem Berliner Restaurant Mykonos ist mittlerweile abgeschlossen.

In der vergangenen Woche waren Gerüchte aufgetaucht, Sarkuhi habe im Gefängnis einen Herzinfarkt erlitten und sei in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Freunde halten diese Informationen für vom iranischen Geheimdienst lanciert. Als Sarkuhis Mutter den Schriftsteller am Telefon daraufhin ansprach, soll aus dem Hintergrund eine Stimme erklungen sein: „Sag, daß das nicht stimmt.“ Die Familie geht davon aus, daß Sarkuhi unter strenger Bewachung aus dem Gefängnis anrufen durfte.

Unterdessen hat der derzeit in Deutschland lebende iranische Schriftsteller Abbas Maarufi, früherer Chefredakteur der Literaturzeitschrift Gardun (Himmelsgewölbe), einen Brief an Irans künftigen Staatspräsidenten Mohammad Chatemi geschrieben und diesen aufgerufen, die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht zu enttäuschen. „23 Millionen Menschen haben mit Ihrem Namen für die Freiheit gestimmt“, heißt es in dem Schreiben. Maarufi, der in dem Brief auch an das Schicksal Sarkuhis erinnert, weiter: „Sie haben nur einen gegnerischen Flügel, jene, die die Kultur und Menschheit verhöhnen. Aber 23 Millionen Menschen stehen hinter Ihnen.“