"Wenn ich dann noch Trainer bin..."

■ Aufsteiger Hertha hat es bislang in der Bundesliga auf glatte zwei Punkte gebracht. Querelen mit dem Sponsor Ufa und ein gründlich verpatzter Saisonstart lassen den Stuhl von Trainer Röber wackeln

Der Mann von Sat.1 fragte höflich an, ob Jürgen Röber im Oktober als Studiogast in die populäre Sportsendung „ranissimo“ kommen wolle. „Wenn ich da noch Trainer bin...“, entgegnete der Coach von Hertha BSC.

Röber, branchenintern nicht gerade als Schalk verschrien, kennt die Probleme eines Fußballehrers mit langfristigen Terminen. „Eine Serie von fünf, sechs Niederlagen – und ich bin weg vom Fenster“, unkte er vor der laufenden Bundesliga-Saison.

Heute um 20 Uhr bestreitet sein Team im Olympiastadion gegen den Hamburger SV das fünfte Spiel in der Eliteklasse, und Röbers böse Vorahnungen nehmen nach kümmerlichen zwei Zählern auf der Habenseite bereits konkrete Formen an.

„Es gibt nichts daran zu deuteln, wir haben den Start versaut“, gesteht Mannschaftskapitän Axel Kruse. Der Box-Fan im Sturmzentrum, der vor dem gegnerischen Tor bisher jegliche Durchschlagskraft vermissen läßt, sucht die Schuld aber nicht beim Coach: „Entweder sind wir zu doof, oder der liebe Gott will nicht, daß wir gewinnen“, meint Kruse.

Sein Trainer denkt da wesentlich erdverbundener. Wackelt Röbers Arbeitsplatz? An der Vereinsbasis wird bereits eifrig spekuliert, wer den amtierenden Trainer beerben könnte, falls die Verantwortlichen nach einem „neuen Besen“ greifen sollten, um das Abstiegsgespenst aus dem Olympiastadion zu fegen.

Kaiserslauterns Otto Rehhagel, der mehr für die hauptstädtische Theaterlandschaft als den hiesigen Fußball schwärmt, oder Dortmunds Meistermacher Ottmar Hitzfeld werden als Kandidaten gehandelt.

„Hamburg wird ein Sechs- Punkte-Spiel“, glaubt deshalb Röber. Rechnerisch zwar ein Wunschtraum, weil es selbst für den imponierendsten Sieg höchstens drei Zähler gibt, doch da auch die Hanseaten bislang nur zwei Punkte ergatterten, wird es sicher ein „Schicksalsspiel“.

Rolf Schmidt-Holz, Vorsitzender des Aufsichtsrats bei Hertha BSC, gibt sich alle Mühe, die Unruhe bei dem skandalträchtigen Verein zu unterbinden. „Hertha kann nur an sich selbst kaputtgehen, wenn wieder einer durchknallt“, gab der Chef des höchsten Hertha-Gremiums vor Wochen als Losung aus.

Ausgerechnet Schmidt-Holz, der alerte Topmanager des Bertelsmann-Konzerns, desssen Tochterunternehmen Ufa den Berliner Club seit fünf Jahren vermarktet, geht mit schlechtem Beispiel voran.

Wenige Tage vor der „Sechs- Punkte-Partie“ verfügte der Aufsichtsrat Herthas, daß sechs der von Bertelsmann gewährten neun Millionen Mark Investitionsmittel für diese Saison nur als Darlehen vorgestreckt worden seien. Rückzahlbar, sobald der Ufa – die seit 1992 rund 20 Millionen Mark in das „Unternehmen Bundesliga“ gesteckt hat – vor Ablauf des Marketing-Abkommens (im Jahr 2003) die Macht über das preußische Fußball-Flaggschiff entrissen werden sollte.

Hertha-Präsident Manfred Zemaitet, der sich von den anderen Amtsträgern durch eine profunde Ufa-Ferne abhebt, weigerte sich vehement, dem Erpressungsversuch zuzustimmen, und droht mit einer Mitgliederversammlung.

Wohl wissend, daß die Hertha- Basis lieber ehrenhaft absteigen als eine „Betriebssportgruppe Bertelsmann/Sektion Berlin“ werden will, wiegelt die Ufa die geplante „feindliche Übernahme“ als bloße Diskussionsgrundlage ab. Scheidungsgerüchte dementiert Dieter Hoeneß, der im Frühjahr von den Bertelsmännern zu Hertha geschickt wurde. „Ein Ausstieg der Ufa ist kein Thema.“

Doch jetzt liegt das Kind im Brunnen, die treuen Fans sind stocksauer. Die BZ, mit der Hand am Hertha-Puls, buchstabiert Ufa neuerdings „Unruhe, Fragen, Angst“. Manager Hoeneß räumt ein: Wir haben uns wirklich nicht gut präsentiert. Denkbar schlechte Voraussetzungen für das wichtige Spiel gegen Hamburg. Jürgen Schulz