Nostalgie rauchzart

■ Heute im Schlachthof: Cesaria Evora

Midelo, die Hauptstadt der Kapverdischen Inseln, 500 Kilometer von der Küste Senegals mitten im Atlantik gelegen, ist eine Stadt im Niedergang. Von den Seeleuten, die von hier aus im Dienste der portugiesischen Kolonialherren nach Japan, Brasilien oder Angola aufbrachen, ist nicht viel zu sehen. Die Mischung aus Weltoffenheit und nostalgischer Melancholie aber hat die Musik der Kapverden tief geprägt – und damit auch die Sängerin Cesaria Evora.

Selbst eine großartige Stimme wie Cesaria Evora sie besitzt, bringt in den Hafenbars von Midelo höchstens ein wenig Applaus und vielleicht ein paar Drinks – nie aber Geld. Dabei ist der „Morna“, den sie singt – eine Mischung aus der traditionellen portugiesischen Volksmusik „Fado“, Blues, Jazz und brasilianischen Klängen – überaus hörenswert. Die 1941 geborene Sängerin hatte nach über dreißig Jahren ohne nennenswerten Erfolg einfach Glück. 1988 schlug ihr ein junger Reisender aus Frankreich namens Jose da Silva vor, in Paris eine Platte aufzunehmen. Nach Achtungserfolgen gelang ihr 1992 dann der Durchbruch: „Miss Perfumando“wurde in Weltmusickreisen zum Bestseller.

Zu Recht, denn Evora-Stücke wie „Sodade“oder „Cabo Verde“bestechen durch geschmackvolle Instrumentierung und herrliche Kompositionen. Fein gezupfte akustische Gitarren und sanfte Percussion weben einen feinen Teppich, auf dem sich die melancholische Stimme der Kapverdin ausbreiten kann. Je traditioneller die Songs arrangiert sind, desto mehr überzeugt „Cize“, wie sie ihre Freunde nennen. Ihre jazz- oder blueslastigeren Arrangements gehen zwar weit schneller ins Ohr. Der wahre Zauber des Morna aber besteht im traditionell Rückwärtsgewandten, in der Musik, die sich ein idealistisches Gestern zurückwünscht, das es so natürlich nie gab.

Dabei scheint die Stimme der Evora rauchig-zart aus weiter Ferne zu kommen und hat die Kraft, aus dem grauen Bremer Regen zu entführen, so wie ihr Gesang es auf den Kapverden schon lange schafft. „Der Morna“, sagt sie, „ist unsere Religion und Therapie. Nur er kann unsere Leiden lindern und unsere Schwierigkeiten vergessen lassen: Unsere Traurigkeit ist erlöst.“ L.R.

heute, 20.30 Uhr, Schlachthof